16.10.2024
Ampelstreit bremst Wirtschaftswachstum aus

Die deutsche Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP sieht sich aktuell mit einer neuen Herausforderung konfrontiert: einer Wachstumsblockade, die aus den eigenen Reihen resultiert. Während die Wirtschaft nach Impulsen lechzt, bremsen sich die Ampelpartner gegenseitig mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen von Steuerpolitik und Sozialausgaben aus.

Eigentlich sollten die geplanten Steuererleichterungen für Bürger und Unternehmen zügig auf den Weg gebracht werden. Doch wie die F.A.Z. berichtet, kam es am vergangenen Dienstag zu einem erneuten Krach innerhalb der Koalition. Der Grund: FDP und Grüne blockieren sich gegenseitig.

Die Liberalen fordern die Umsetzung der steuerpolitischen Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative, während die Grünen auf eine Erhöhung der Sozialabgaben für Gutverdiener in der Renten- und Krankenversicherung pochen. Diese Blockadehaltung hat nun dazu geführt, dass die Einigungserfolge beim Jahressteuergesetz und dem Gesetz zur Modernisierung des Strom- und Energiesteuerrechts in den Hintergrund geraten.

Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld an der Verzögerung. Die FDP macht die Grünen für die Blockade verantwortlich, während diese auf das von den Liberalen geführte Finanzministerium verweisen. Die Grünen-Finanzpolitikerin Katharina Beck kritisiert, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht abgestimmte Steuerentlastungen durchsetzen wolle. Sie verweist darauf, dass erst kürzlich neue Daten zur kalten Progression und zum Existenzminimum vorgelegt wurden, die für den Einkommensteuertarif, den Kinderfreibetrag und das Kindergeld relevant seien.

„Es geht um dreistellige Millionen- bis zu Milliardenbeträgen, die sich nun verändern könnten“, sagte Beck der F.A.Z.. Es gehe darum, zu verhindern, dass Kinder aus einkommensschwächeren und -mittleren Familien vom Staat finanziell schlechter gestellt würden als Kinder von Gutverdienern. Die Verzögerung beim Steuerfortentwicklungsgesetz sei deshalb misslich, da Teile der Wachstumsinitiative an dieses gekoppelt seien und nun nicht wie geplant beschlossen werden könnten.

Zu den Maßnahmen, die der Wirtschaft zugutekommen sollen, gehören unter anderem:

- eine Ausweitung der steuerlichen Forschungszulage, - die vereinfachte Abschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter und - eine Ausweitung der degressiven Abschreibung für Abnutzung (AfA) über mehrere Jahre.

Mit der degressiven AfA können Unternehmen die Kosten für teure Investitionen schneller steuerlich geltend machen.

Während beim Steuerfortentwicklungsgesetz noch keine Einigung erzielt werden konnte, gab es bei den Verhandlungen zum Jahressteuergesetz 2024 Fortschritte. Dieses Gesetz regelt diverse Punkte, die dringend angepackt werden müssen, darunter auch die Anpassung an EU-Recht oder Entscheidungen des Bundesfinanzhofs.

Besonders interessant ist die Übernahme des BFH-Beschlusses zur Grundsteuer. Die Richter hatten entschieden, dass Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit haben müssen, einen niedrigeren Wert für ihr Grundstück nachzuweisen. Der Gesetzgeber reagiert nun darauf. In einem Änderungsantrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Der niedrigere gemeine Wert ist als Grundsteuerwert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der nach den Vorschriften dieses Abschnitts ermittelte Grundsteuerwert erheblich von dem gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit im Feststellungszeitpunkt abweicht.“

Dies soll dann der Fall sein, wenn der Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 Prozent übersteigt.

Zu den insgesamt 56 Vorlagen gehört auch eine Neufassung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen. Viele Anbieter hatten befürchtet, künftig mehrwertsteuerpflichtig zu werden. Der Umfang der Begünstigung soll nun ausgeweitet werden. Bildungsleistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts sollen unter die Steuerbefreiung fallen. Begünstigt werden sollen „Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen“. Das von Lindner vorangetriebene Mobilitätsbudget wurde hingegen gestoppt.

Mit der geplanten Änderung des Stromsteuergesetzes soll der EU-Mindeststeuersatz von 0,50 Euro je Megawattstunde für Unternehmen des produzierenden Gewerbes sowie der Land- und Forstwirtschaft dauerhaft festgeschrieben werden. Bisher war die Entlastung bis Ende 2025 befristet. Die Entlastungswirkung für die Wirtschaft wird auf 3,25 Milliarden Euro im Jahr beziffert.

Quelle: F.A.Z.

Weitere
Artikel