Apotheker Herold erhält Whistleblower-Preis für Transparenz bei Krebsmedikamenten
Apotheker Robert Herold mit Europäischem Whistleblower-Preis geehrt
Der Apotheker Robert Herold wurde von der Organisation Blueprint for Free Speech mit dem Europäischen Whistleblower-Preis ausgezeichnet. Die Organisation würdigte damit, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, Herolds „Integrität angesichts des erheblichen finanziellen und bürokratischen Drucks, Stillschweigen zu bewahren“. Herold hatte vor zwei Jahren Preislisten von Krebsmedikamenten an SZ, WDR und NDR weitergegeben, die ihm Pharma-Großhändler über Jahre zugesandt hatten.
Diese Preislisten enthüllten die niedrigen Einkaufspreise, die Apotheker für die Wirkstoffe von Krebsinfusionen, sogenannte Zytostatika und monoklonale Antikörper, bezahlen, und die deutlich höheren Erstattungssätze der gesetzlichen Krankenkassen. Berichten von SZ, WDR und NDR aus dem Juli 2023 zufolge könnten Apotheker bei einigen Wirkstoffen pro Infusionsbeutel 1000 Euro und mehr zusätzlich verdienen, obwohl sie bereits eine Herstellungspauschale von den Kassen erhalten. Die Medien berechneten ein jährliches Einsparpotenzial für die Kassen von etwa 500 Millionen Euro, wenn diese lediglich die tatsächlichen Einkaufspreise erstatten würden. Die SZ betont die Relevanz dieser Einsparungen angesichts des von der GKV prognostizierten Defizits von mindestens vier Milliarden Euro für 2024.
Herolds Gang an die Öffentlichkeit führte zu persönlichen Konsequenzen. Er wurde aus einem Apothekenverbund, an dem er als Gesellschafter beteiligt war, ausgeschlossen. Einer der Mitgesellschafter, Klaus Peterseim, war zum damaligen Zeitpunkt Präsident des Verbands der Zytostatika herstellenden Apotheken (VZA). Der VZA vertritt die Interessen der Apotheken, die über die erforderliche Reinraum-Ausstattung zur Herstellung der Krebsinfusionen verfügen und vom bestehenden System profitieren. In einer Stellungnahme stellte der VZA die technische Aktualität von Herolds Labor infrage. Wie die SZ berichtet, beendete auch die sächsische Landesapothekerkammer die Zusammenarbeit mit Herold als Fortbildungsreferent.
Trotz dieser Schwierigkeiten verzeichnete Herold nach eigenen Angaben keine Umsatzeinbußen. Seine Kunden in Falkenstein hielten ihm die Treue. Er freut sich über den Preis, hätte sich jedoch mehr Bewegung in der Politik gewünscht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die hohen Zusatzgewinne der Apotheker im Juli 2023 gegenüber SZ, WDR und NDR als „keinen haltbaren Zustand“ bezeichnet und regulatorische Maßnahmen angekündigt. Ein Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz sah jedoch keine grundlegende Änderung des Abrechnungssystems vor. Die Kassen sollen lediglich schneller über die tatsächlichen Einkaufspreise informiert werden. Herold kritisiert diesen Entwurf als unzureichend und fordert eine Erstattung der tatsächlichen Kosten. Das Apotheken-Reformgesetz liegt derzeit auf Eis, und sein Schicksal nach den Neuwahlen ist ungewiss.
Quellen:
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/whistleblower-preis-krebsmedikamente-verschwendung-li.3160039
- Tagesschau: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/krebsmedikamente-ueberteuert-100.html
- Tagesschau: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/krebs-medikamente-apotheke-102.html
- Deutsche Apotheker Zeitung: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/20/apotheken-im-pharmagold-rausch
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/apotheken-zytostatika-krebs-whistleblower-robert-herold-lauterbach-1.6286509?reduced=true
- Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=-bKffXG8tXI&pp=ygURI2Fwb3RoZWtlcnNrYW5kYWw%3D
- DocCheck: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/44367-das-maerchen-von-der-zyto-mafia
- Apotheke adhoc: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/sz-bericht-onkologen-verlangten-tausende-euro-fuer-zyto-rezepte/