19.10.2024
Arbeitsstundenrekord in Krisenzeiten: Ein Blick auf die aktuelle Lage in Deutschland

Trotz Wirtschaftsschwäche: Zahl der Arbeitsstunden steigt auf Rekordhoch

Trotz einer spürbaren wirtschaftlichen Flaute hat die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland im zweiten Quartal 2024 einen neuen Rekord erreicht. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg stieg das Arbeitsvolumen auf 14,7 Milliarden Stunden. Dies ist das erste Mal, dass die Zahl der Arbeitsstunden den Stand vor der Corona-Pandemie übersteigt. IAB-Arbeitsmarktforscher Enzo Weber äußerte, dass in Deutschland noch nie so viel gearbeitet wurde, und das mitten in einem wirtschaftlichen Abschwung.

Im Vergleich zum zweiten Quartal 2019, in dem 14,6 Milliarden Arbeitsstunden geleistet wurden, zeigt sich ein bemerkenswerter Anstieg. Weber betonte jedoch, dass ein weiterer Anstieg nicht selbstverständlich sei. Er wies darauf hin, dass der Zuwachs an Beschäftigung abflacht, die Teilzeitquote auf fast 40 Prozent steigt und die Anzahl der geleisteten Überstunden auf einem historischen Tiefstand ist.

Erwerbstätigkeit und Arbeitszeit

Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,4 Prozent auf 46,1 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Person betrug 318,2 Stunden, was ebenfalls einem Anstieg von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Teilzeitquote stieg um 0,5 Punkte auf 39,8 Prozent.

Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten nahm um 1,6 Prozent zu, während die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 0,3 Prozent sank. Weber erklärte, dass der Anstieg der Teilzeitbeschäftigung vor allem in Branchen mit hohem Teilzeitanteil, wie dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Erziehung und dem Unterricht, zu beobachten sei.

Überstunden und Arbeitsbelastung

Gleichzeitig wurde ein Rückgang der Überstunden verzeichnet. Im Durchschnitt leisteten die Arbeitnehmer im zweiten Quartal 2024 2,9 bezahlte und 4,1 unbezahlte Überstunden, was einen Rückgang um 0,3 Stunden im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Diese Entwicklung wirft Fragen zur Arbeitsbelastung und den Arbeitsbedingungen auf, insbesondere in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von Unsicherheiten geprägt ist.

Einfluss der Wirtschaftslage

Die aktuelle wirtschaftliche Situation in Deutschland ist durch eine Reihe von Herausforderungen gekennzeichnet. Trotz des Anstiegs der Arbeitsstunden und der Erwerbstätigenzahl gibt es Anzeichen für eine bevorstehende Stagnation. Die Unternehmen zeigen sich zurückhaltend bei Neueinstellungen, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Arbeitssuchende verschlechtert. Die IAB-Studie deutet darauf hin, dass die Beschäftigungspläne der Unternehmen für den weiteren Jahresverlauf kein Wachstum erwarten lassen.

Die konjunkturelle Flaute hat auch Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote, die voraussichtlich steigen wird. Experten prognostizieren, dass die Arbeitslosigkeit im Jahr 2024 auf den höchsten Stand seit 2015 ansteigen könnte. Dies ist auf die gesamtwirtschaftliche Unsicherheit und die steigenden Kosten zurückzuführen, die viele Unternehmen belasten.

Fazit

Die steigende Zahl der Arbeitsstunden in Deutschland ist ein bemerkenswerter Trend, der jedoch im Kontext der wirtschaftlichen Unsicherheit betrachtet werden muss. Während die Zahlen auf den ersten Blick positiv erscheinen, ist es wichtig, die zugrunde liegenden Faktoren zu analysieren, die zu diesem Anstieg führen. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird weiterhin von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und den Reaktionen der Unternehmen auf die Herausforderungen der Zeit beeinflusst.

Quellen: IAB, dpa, FAZ

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