19.10.2024
Australiens Marine im Expansionskurs: Größte Flotte seit dem Zweiten Weltkrieg
Die australische Regierung hat eine weitreichende Aufrüstung ihrer Marine angekündigt. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll die Zahl der großen Kriegsschiffe von elf auf 26 steigen. Dafür sind zusätzliche Ausgaben von umgerechnet rund 6,5 Milliarden Euro eingeplant. Die Verteidigungsausgaben werden demnach auf 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht. Nach Fertigstellung der neuen Schiffe wird Australien über die größte Flotte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfügen. Diese Maßnahme ist Teil eines umfassenden Waffenprogramms, das darauf abzielt, Australien auf eine zunehmend schwierige strategische Situation im Raum Asien-Pazifik vorzubereiten. Laut dem australischen Premierminister Kevin Rudd werden im Verlauf der nächsten 20 Jahre unter anderem 100 neue Kampfflugzeuge beschafft und die Zahl der Unterseeboote auf 12 verdoppelt. Zudem werden acht neue Fregatten in Dienst genommen und Kriegsschiffe mit weitreichenden Mittelstreckenraketen ausgerüstet. Das Rüstungsprogramm ist das umfassendste in der Geschichte Australiens. Die zunehmende militärische Kraft und wirtschaftliche Bedeutung Chinas wird als zentrale Herausforderung für die strategische Langzeitplanung im Raum Asien-Pazifik betrachtet. Die Regierung in Canberra weist auf die Bedeutung der sicheren Handelsrouten hin und sieht in der deutlichen militärischen Aufrüstung im asiatisch-pazifischen Raum eine Notwendigkeit, entweder zu ignorieren oder als realistischen Bestandteil in die strategischen Annahmen Australiens einzubeziehen, wie sich diese Region in den kommenden zwei Jahrzehnten entwickeln wird. Die Aufrüstungspläne sind für die Regierung in Canberra heikel, da China zugleich der wichtigste Handelspartner des Landes ist. Australien bildet mit den USA und Großbritannien die Militärallianz Aukus, die als Antwort auf die wachsende Dominanz Chinas im Indopazifik gegründet worden war. Beobachter zeigen sich überrascht, dass Australien bereit ist, den wichtigen Handelspartner China als einen möglichen Herd regionaler Instabilität zu identifizieren. Die Regierung begründet das Rüstungsprogramm gerade mit der Expansion Chinas - einem der wichtigsten Handelspartner des Landes. In dem Weißbuch der Regierung wird in überraschend deutlicher Sprache vor der Gefahr eines bewaffneten Konflikts in der Region gewarnt, ausgelöst in erster Linie durch die Expansion Chinas. Zusätzlich zu den geplanten Erneuerungen der Marine steckt Australien auch rund 60 Milliarden Euro in die Erneuerung von Fregatten, Korvetten und Patrouillenbooten, die in heimischen Werften gebaut werden sollen. Ein Großteil der Schiffe soll im Land gebaut werden, doch es ist auch die Rede von U-Booten, die möglicherweise aus Deutschland kommen könnten. Der Bau der neuen Fregatten wird auf das Jahr 2020 vorgezogen, der Bau der neuen Patrouillenboote soll bereits im Jahr 2018 beginnen. Der australische Premierminister bezeichnet die Ankündigung als "sehr historisch" und betont, dass der Bau einer Flotte in Australien für die nächsten Jahrzehnte bis zu 2500 Arbeitsplätze im Süden Australiens sichern werde. Durch die Trilateralität der Aukus-Allianz und die Unterstützung der USA und Großbritanniens wird Australien künftig über Atom-U-Boote verfügen, was dem Land das siebte weltweit macht, welches über solche Waffen verfügt. Die Boote sollen helfen, die Handelswege und maritime Ressourcen im Indopazifik zu schützen. Der Rüstungsdeal zwischen Australien, den USA und Großbritannien ist eine klare Botschaft an China und könnte die Spannungen in der Region weiter verschärfen. Bereits im Jahr 2032 könnte Australien über die ersten Exemplare der Atom-U-Boote verfügen, wobei bereits fünf Jahre früher US-amerikanische Nuklear-Boote den westaustralischen Hafen Perth als Basis nutzen können. China sieht in dem U-Boot-Deal eine Herausforderung und wirft den Aukus-Ländern vor, ein Wettrüsten und einen neuen Kalten Krieg im Pazifik zu schüren. Das Land, das selbst über imperiale Machtansprüche verfügt, vergleicht den Aufbau des westlichen Militärbündnisses im Pazifik mit der Ausdehnung der NATO in Osteuropa. Die strategischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Australien und China werden durch die Aufrüstungspläne zusätzlich belastet. Australien muss einen Balanceakt zwischen der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Handels mit China und der Bündnistreue zum Westen bewältigen. Die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Verteidigungspolitik zeigen auch das Dilemma auf, in dem sich Australien befindet: Einerseits die Notwendigkeit, sich den neuen geopolitischen Realitäten anzupassen, und andererseits die Gefahr, die Beziehungen zu seinem größten Handelspartner zu verschlechtern.
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