Die Art und Weise, wie sich Politiker in der Öffentlichkeit präsentieren, ist immer auch eine Frage der Außendarstellung und Imagepflege. Das gilt insbesondere für Politiker wie Markus Söder, der gerne auch mal mit unkonventionellen Auftritten für Aufmerksamkeit sorgt. In jüngster Zeit ist dabei vermehrt der Fahrradhelm zu einem interessanten Accessoire in Söders politischer Semiotik geworden.
Wie die FAZ berichtet, stellt sich für Journalisten bei Terminen mit Politikern immer auch die Frage nach der angemessenen Kleidung. Im Falle von Markus Söder gestalte sich diese Frage besonders schwierig, da dieser nicht viel von stilistischer Übertreibung halte. Mit einer seiner bekannten Zipper-Westen zum Interview zu erscheinen, könnte daher schnell als Anbiederung oder gar Persiflage missverstanden werden.
Doch nicht nur die Kleiderwahl, auch die Wahl des Verkehrsmittels kann zum Politikum werden. Während sich Journalisten von außerhalb Münchens problemlos mit Auto, Bahn oder Flugzeug auf den Weg zu einem Termin mit Söder machen können, stellt sich die Frage für Journalisten aus München anders dar. Hier böte sich auch das Fahrrad an, so die FAZ. Doch birgt dieses die Gefahr, leicht verschwitzt und mit ölflecken an der Hose in der Staatskanzlei zu erscheinen.
Dennoch bietet das Fahrrad auch Chancen in der Außendarstellung. So könne man Söder gegenüber demonstrieren, dass man es mit dem Klimaschutz ernst meint und zudem eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Ministerpräsidenten teile. Immerhin ist Söder selbst gerne mit dem Rad unterwegs, wie seine „Radl-Tour zum Radi-Essen“ im Wahlkampf bewies.
Doch wie stellt man sicher, dass Söder die umweltfreundliche Anreise überhaupt bemerkt? Die FAZ hat auch hierauf eine Antwort: Den Fahrradhelm mit zum Interview nehmen und diesen dezent, aber gut sichtbar, auf dem Tisch zu platzieren. So demonstriere man nicht nur die Anreise mit dem Rad, sondern auch die Verwendung eines Helms.
Doch welche Botschaft sendet man mit einem Fahrradhelm an einen Mann wie Söder, dessen Habitus nicht unbedingt darauf schließen lässt, dass er selbst im Formel-1-Wagen einen Helm tragen würde? Laut FAZ sei der Fahrradhelm selbst in der CSU unumstritten. Schließlich habe Söders Parteifreund und ehemaliger Bundesverkehrsminister Andi Scheuer mit dem Slogan „Looks like shit. But saves my life“ für die Nutzung des Helms geworben.
Darüber hinaus erwecke der Helm den Anschein eines ungleichen Duells: Hier der Politiker mit Dienstlimousine, dort der Journalist mit dem Drahtesel. Eine Symbolik, die an David gegen Goliath erinnert und den vermeintlich Schwächeren im besten Fall in trügerischer Sicherheit wiegt.
Allerdings räumt die FAZ ein, dass der abgenommene Helm auch eine andere Botschaft senden könnte: Nämlich die, dass nun alle Zurückhaltung fallengelassen wird - vergleichbar mit einem Eishockeyspieler, der in einer Schlägerei die Handschuhe fallen lässt.
Neben der Symbolik des Helms an sich, wirft die FAZ jedoch noch ein weiteres Problem auf: Der Helm drückt die Haare platt. Ob man so Söder und seinen Mitarbeitern in der Staatskanzlei unter die Augen treten möchte? Als Lösung schlägt die Zeitung vor, den Helm während der Fahrt am Lenker zu befestigen oder - noch besser - gleich mit dem Auto zu fahren und den Helm einfach mitzunehmen.
Doch stellt sich am Ende die Frage, ob diese Form der Imagepflege überhaupt zielführend ist. Denn wer schon bei derart kleinen Fragen unehrlich sei, so die FAZ, welche Chance hätte dieser dann erst gegen einen Politiker, der von sich selbst behauptet „authentisch Politik“ zu machen?
Quelle: tifr., https://www.faz.net/aktuell/politik/fraktur-wenn-du-zu-soeder-gehst-vergiss-den-fahrradhelm-nicht-110027291.html
Weitere Informationen aus: https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/allgaeu-helm-und-sonnenbrille-gegen-anzug-und-krawatte-warum-soeder-durchs-allgaeu-radelt-id71222366.html
Instagram-Beiträge von Markus Söder: https://www.instagram.com/markus.soeder/p/DAjBjpXoYl-/ und https://www.instagram.com/p/COAl8vKh_Oc/
