Am 21. September 2024 jährt sich die Eröffnung der ersten modernen Autobahn der Welt, der Autostrada zwischen Mailand und Varese, zum hundertsten Mal. Diese Autobahn gilt als Pionierwerk und stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte des Straßenverkehrs dar. Die weit verbreitete Annahme, dass Adolf Hitler die Autobahn erfunden habe, ist jedoch nicht zutreffend. Tatsächlich wurde die Idee für diese innovative Verkehrsstraße von dem italienischen Unternehmer Piero Puricelli entwickelt, der 1921 die Società Anonima Autostrade gründete.
Die Autostrada wurde als gebührenpflichtige Straße konzipiert, die ausschließlich für den Schnellverkehr gedacht war. Sie war von Hindernissen wie Kreuzungen, Fuhrwerken, Kutschen, Fahrrädern und Fußgängern befreit. Zu Beginn der 1920er Jahre waren auf den Straßen Italiens nur etwa 57.000 Pkw unterwegs, während heute über 40 Millionen Fahrzeuge in Italien registriert sind. Diese Entwicklung zeigt, wie sehr sich die Mobilität in den letzten 100 Jahren verändert hat.
Die ursprüngliche Idee, eine Straße für motorisierte Fahrzeuge zu schaffen, war zu dieser Zeit sehr futuristisch. Die meisten Menschen hielten wenig von der Mobilität und bevorzugten es, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Wer längere Strecken zurücklegen wollte, nutzte häufig die Bahn. Die ersten Abschnitte der Autostrada wurden daher mit Skepsis betrachtet, zumal die Straßen oft noch nicht asphaltiert waren und hauptsächlich Pferdekarren den Verkehr bestimmten.
Die erste Fahrt auf der neuen Autobahn wurde von König Vittorio Emanuele III. unternommen, der auch das Eröffnungsband durchschnitt. Die Medien berichteten begeistert über die „Fahrt auf Beton glatt wie Parkett“, was die Attraktivität der neuen Straße unterstrich. Zu Beginn erwarteten die Betreiber täglich etwa 1.000 Fahrzeuge, tatsächlich waren es jedoch oft nur einige Dutzend, was auch daran lag, dass die Autobahn nachts geschlossen war.
In Deutschland wurde die erste Autobahn, die als solche bezeichnet werden konnte, zwischen Köln und Bonn im August 1932 eröffnet. Diese Strecke war bereits für Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h konzipiert, obwohl die meisten Fahrzeuge zu dieser Zeit nicht annähernd diese Geschwindigkeit erreichten. Die Planung und der Bau der deutschen Autobahnen wurden in den 1920er Jahren angestoßen, jedoch erst mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 intensiviert.
Hitler propagierte den Bau von vierspurigen „Straßen des Führers“, wobei die Pläne für diese Straßen in den 1920er Jahren entstanden waren. Der erste Abschnitt der Reichsautobahn wurde 1935 eröffnet und war Teil eines umfangreichen Programms zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Während die Autobahn in Deutschland oft mit dem Nationalsozialismus assoziiert wird, ist es wichtig zu betonen, dass die Idee und die ersten Planungen bereits lange vor dieser Zeit existierten.
Die Autobahn wurde schnell zu einem Symbol für technischen Fortschritt und Mobilität. Sie verband nicht nur Städte, sondern auch Menschen und Kulturen. Die NS-Propaganda stellte die Autobahn als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst dar, das die deutsche Landschaft durchzog und die Mobilität der Bevölkerung förderte. Diese Monumentalisierung der Autobahn war ein zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie, die den Fortschritt und die Stärke des deutschen Volkes betonte.
Die Autobahn war jedoch nicht nur ein technisches Projekt, sondern auch ein politisches Instrument. Sie diente der Mobilisierung von Truppen und der schnellen Verlegung von Ressourcen während des Zweiten Weltkriegs. Nach dem Krieg wurde das Autobahnnetz weiter ausgebaut und modernisiert, um den Anforderungen einer wachsenden Gesellschaft gerecht zu werden.
Heute ist das Autobahnnetz in Deutschland eines der umfangreichsten der Welt und umfasst über 13.000 Kilometer. Es spielt eine entscheidende Rolle für den Personen- und Güterverkehr und ist ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Infrastruktur. Trotz der Herausforderungen, die mit der Instandhaltung und dem Ausbau des Netzes verbunden sind, bleibt die Autobahn ein Symbol für Freiheit und Mobilität.
Die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Autobahn in Italien und die damit verbundenen Veranstaltungen werden nicht nur die Geschichte der Autobahn würdigen, sondern auch die Entwicklungen und Veränderungen im Straßenverkehr der letzten hundert Jahre reflektieren. Die Autobahn hat sich von einem innovativen Projekt zu einem unverzichtbaren Bestandteil der modernen Gesellschaft entwickelt.
Die Autobahn hat eine komplexe Geschichte, die tief in der europäischen Verkehrspolitik verwurzelt ist. Sie ist ein Beispiel für technologische Innovation und gesellschaftliche Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit vollzogen haben. Die Diskussion über die Autobahn und ihre Rolle in der Gesellschaft wird auch in Zukunft von Bedeutung sein, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen der Verkehrs- und Umweltpolitik.
In Anbetracht der aktuellen Debatten über nachhaltige Mobilität und Verkehrswende wird die Autobahn weiterhin ein zentrales Thema in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion bleiben.
Die Feierlichkeiten zum 100. Jubiläum der Autobahn bieten die Möglichkeit, sowohl die Erfolge als auch die Herausforderungen der letzten hundert Jahre zu reflektieren und einen Ausblick auf die Zukunft der Mobilität zu wagen.
Quellen: Zeit Online, Süddeutsche Zeitung, Wikipedia
