Wenn man als der teuerste Sportler seiner Zunft jedes Jahr 70 Millionen Dollar (rund 65 Millionen Euro) bezahlt bekommt, steigen nicht nur die Erwartungen. In seinem Fall treibt es den Puls eines ganzen Landes nach oben. Mitte Oktober saßen deshalb fast 13 Millionen Japaner an einem Samstagmorgen um 9 Uhr Ortszeit vor den Fernsehschirmen, um den derzeit besten Baseball-Profi der Welt live zu erleben: Shohei Ohtani.
Eigentlich ging es dabei um noch relativ wenig. Es war eine Begegnung in der Runde der letzten Acht in der Major League Baseball. Es war aber auch ein erster ernsthafter Leistungstest für Ohtani, der vor einem knappen Jahr mit seinem Wechsel zu den Los Angeles Dodgers einem Team entkommen konnte, das alles andere als titeltauglich war: dem Lokalrivalen der Los Angeles Angels nur 50 Kilometer weiter südlich. Mit der neuen Mannschaft würde sich alles ändern, sagte er, und sich „zu 100 Prozent“ sein lang gehegter Traum erfüllen: So oft wie möglich die Meisterschaft gewinnen und anschließend „Siegesparaden in den Straßen von Los Angeles“ abzuhalten.
Inzwischen muss der 30-Jährige, der in der arbeitsteiligen Welt der Sportart normalerweise eine ungewöhnliche Doppelrolle als Pitcher und Batter, als Werfer und Schläger, spielt und in beiden Kategorien hervorragend ist, auf dem Weg zum ersten Titel nur noch einen Gegner abfertigen: Die New York Yankees, das prestigeträchtigste Sportteam der Vereinigten Staaten, das seine historisch gewachsene Reputation unter anderem aus einer Rivalität mit diesen Dodgers generierte.
Die beiden standen sich zwischen 1941 und 1981 elfmal in der Endspielserie, genannt World Series, gegenüber. So oft wie keine anderen Mannschaften. Achtmal gingen die Dodgers dabei allerdings geschlagen vom Feld. In den ersten Auseinandersetzungen war das Ganze von Lokalstolz geprägt, denn damals waren die Dodgers im New Yorker Stadtteil Brooklyn zuhause. Aber 1957 packten sie alles ein – Spieler, Betreuer, Management und ihre Reputation – und zogen an die Westküste.
Seitdem liegen nicht nur mehr als 4000 Kilometer zwischen den beiden Teams. Es sind viele Jahre vergangen, seit sich die Dodgers und die Yankees zum bisher letzten Mal in der Finalserie gegenüberstanden. Das war 1981. Trotz dieser langen Pause – oder vielleicht sogar ihretwegen – sind selbst unbeteiligte Beobachter von der Konstellation hingerissen. Die „Washington Post“ vermeldete die Ansetzung in ihrer Überschrift am Montag als „charmant, anstößig und ein Baseball-Traum“. Eine „Hollywood gegen Broadway-Partie“, wie der Londoner „Independent“ schrieb und sich zugleich mokierte: Der Auseinandersetzung mangele es an jedwedem romantischen Fluidum; der Sieger sei – so oder so – ein „finanzieller und sportlicher Koloss“.
Aber es ist ein Duell, in der immerhin eine in beiden Klubs tief verankerte Arroganz mitschwingt. Etwas, was in der Einschätzung von Dodgers-Cheftrainer Dave Roberts anklang, als er nach dem Halbfinal-Sieg über die New York Mets deklamierte: „Ich glaube, die ganze Welt wollte diese beiden Teams sehen und hat darauf gehofft, dass es dazu kommt.“ Was übrigens geflissentlich ignoriert, dass in der Major League, die aus den zwei Säulen American League (vertreten durch die Yankees) und National League (vertreten durch die Dodgers) besteht, noch 28 andere ziemlich gute Mannschaften spielen, von denen in den vergangenen zehn Jahren erstaunlich viele mindestens genauso erfolgreich waren wie die beiden Finalisten.
In der National League haben die Los Angeles Dodgers bereits triumphiert. Nun steht die Finalserie, die sogenannte „World Series“, an. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, hofft eine ganze Branche darauf, dass dieses Duell dem Baseball hilft. Denn der Sport hat ein großes Problem.
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