19.10.2024
Bedarf an intensiver Demokratiebildung in Schulen erkennen
Politischer Unterricht: Forscher sieht weiteren Bedarf an Schul-Demokratiebildung

Politischer Unterricht: Forscher sieht weiteren Bedarf an Schul-Demokratiebildung

In der aktuellen Bildungsdiskussion wird der politische Unterricht an Schulen immer wieder als zentraler Bestandteil der Demokratiebildung hervorgehoben. Vor diesem Hintergrund hat der Augsburger Pädagogikprofessor Klaus Zierer auf eine Studie hingewiesen, die den Bedarf an einer intensiveren Demokratiebildung an Schulen verdeutlicht. Die geplante „Verfassungsviertelstunde“, die ab dem kommenden Schuljahr an bayerischen Schulen eingeführt werden soll, wird von Zierer als ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch nicht als ausreichend erachtet.

Die Verfassungsviertelstunde

Bayern plant, die Verfassungsviertelstunde als wöchentlichen Bestandteil des Unterrichts in der Normalstunde zu implementieren. Diese soll in verschiedenen Fächern integriert werden und dazu dienen, den Schülerinnen und Schülern die Werte der Demokratie näherzubringen. Während die Einführung dieser Stunde als positiv angesehen wird, äußert Zierer, dass es in der Praxis oft an der strukturellen Verankerung und der nachhaltigen Umsetzung fehlt.

Umfrage unter Lehrkräften

Um den aktuellen Stand der Demokratiebildung an Schulen zu erfassen, führte Zierer eine Schnellumfrage unter Lehrkräften in Bayern durch. Insgesamt nahmen 317 Pädagogen aus verschiedenen Schulformen daran teil. Die Umfrage erbrachte interessante Einblicke: So wurde die Aussage „An unserer Schule werden Gesellschaftsthemen kontrovers diskutiert“ mit einem Mittelwert von 2,98 bewertet, was auf eine gewisse Offenheit für Diskussionen hinweist. Dennoch zeigt die Umfrage auch, dass viele demokratische Methoden im Unterricht noch nicht ausreichend umgesetzt werden.

Demokratiebildung im Unterricht

Die Umfrage ergab, dass Methoden wie Dilemma-Diskussionen, die für die Demokratiebildung als besonders wirksam gelten, im Unterricht nur eine durchschnittliche Bewertung von 2,59 erhielten. Dies deutet darauf hin, dass solche Methoden selten angewendet werden. Zierer betont, dass gerade diese Methoden unverzichtbar für ein umfassendes Demokratiebildungskonzept sind und dass es an den Schulen noch einen erheblichen Nachholbedarf gibt.

Strukturen der Meinungsbildung

Ein weiterer Aspekt der Umfrage betrifft die Meinungsbildung an den Schulen. Zwar sind demokratische Strukturelemente wie Schulversammlungen und Schülerparlamente mehrheitlich vorhanden, doch der Prozess der Meinungsbildung verlaufe oft zufällig und fehle an einer klaren strukturellen Verankerung. Dies zeigt, dass es nicht nur auf die Existenz von Strukturen ankommt, sondern auch auf deren effektive Nutzung im Schulalltag.

Die Rolle der Schulen in der Demokratiebildung

Für Zierer ist die Schule der zentrale Ort für die Demokratiebildung. Er verweist darauf, dass Demokratie nicht nur als theoretisches Konzept gelehrt werden sollte, sondern dass es auch darum geht, den Schülerinnen und Schülern praktische Erfahrungen im demokratischen Handeln zu ermöglichen. Dies könnte durch Projekte, Workshops oder auch durch die Integration von politischen Themen in den regulären Unterricht geschehen.

Fachliche Empfehlungen

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz hat ebenfalls Defizite in der politischen Bildung festgestellt und empfiehlt, die Fächer Politik und Geschichte sowie eine demokratische Schulkultur zu stärken. Es müsse ein einheitlicher Rahmen geschaffen werden, in dem politische Bildung bundesweit konsequent umgesetzt wird. Dies bedeutet auch, dass Lehrpläne reformiert und das Bewusstsein für die Bedeutung der politischen Bildung in der Gesellschaft geschärft werden muss.

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Bedarf an einer umfassenden Demokratiebildung an Schulen dringend besteht. Die Einführung der Verfassungsviertelstunde ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die politische Bildung an Schulen zu stärken. Es ist entscheidend, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur theoretisches Wissen erwerben, sondern auch die Fähigkeit entwickeln, aktiv und kritisch an der Demokratie teilzunehmen.

Die Herausforderungen sind groß, aber die Chancen, die Schulen bieten, sind ebenso vielversprechend. Eine fundierte politische Bildung kann dazu beitragen, dass die nächste Generation von Demokratinnen und Demokraten in der Lage ist, die Werte der Demokratie zu verstehen und zu verteidigen.

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