24.10.2024
BRICS Gipfel Uneinheitliche Positionen zur Ukraine dominieren Abschlusserklärung

Sechs Punkte in der Abschlusserklärung des BRICS-Gipfels in Kasan an der Wolga befassen sich ausführlich mit den Konflikten im Nahen Osten. Sie haben eine klare Stoßrichtung: Kritik an Israel. Mit dem Krieg in der Ukraine befasst sich dagegen nur ein Punkt – und in dem findet sich die Position des Gastgebers Wladimir Putin nicht erkennbar wieder. „Wir erinnern an die nationalen Positionen zur Situation in der Ukraine und um sie herum“, heißt es in der Schlusserklärung. Mit anderen Worten: Es gab in dieser Frage keinen Konsens, wie die F.A.Z. berichtet.

Und weiter: „Wir betonen, dass alle Staaten in Übereinstimmung mit dem Zweck und den Prinzipien der UN-Charta in ihrer Gänze handeln sollen.“ Auch Russland behauptet zwar, in Übereinstimmung mit der Charta zu handeln, aber es klingt eher wie eine Mahnung an Moskau. Denn die UN-Generalversammlung hat Russlands Vorgehen in mehreren Resolutionen deutlich verurteilt. Auch UN-Generalsekretär António Guterres forderte bei seinem Auftritt in Kasan für die Ukraine einen „gerechten Frieden, in Übereinstimmung mit der UN-Charta, dem Völkerrecht und den Reso­lutionen der UN-Generalversammlung“.

Die BRICS als neues Kraftzentrum

Diese Mahnung dürfte für Putin ebenso wie die neutrale Formulierung zur Ukraine in der Abschlusserklärung nicht allzu schmerzhaft gewesen sein. Denn die Hauptbotschaft, die Russlands Regimemedien während der drei Tage des Gipfels verbreiteten, lautete: Dem Westen ist es nicht gelungen, Russland international zu isolieren. In diesem Sinne wurde auch die Teilnahme Guterres’ am Gipfel als Erfolg des Kremls bewertet.

Die BRICS-Gruppe wurde in den Staatsmedien als neues wirtschaftliches und politisches Kraftzentrum der Welt präsentiert, in dem Russland eine führende Rolle habe. Von den 36 teilnehmenden Staaten waren 22 auf höchster Ebene vertreten, darunter Indien und China. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan war in Kasan, was Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow die Ge­legenheit zu der Feststellung gab, auch NATO-Mitglieder könnten sich der Gruppe anschließen. Der russische Präsident wolle sich „auf der Weltbühne als Staatenlenker“ zeigen, so die „Friedrich Naumann-Stiftung“ in einem Beitrag.

Die Abschlusserklärung freilich zeigt gerade am Beispiel der Ukraine, dass die Interessen und Positionierungen der Mitgliedstaaten weit auseinandergehen. Der Organisation gehören neben Staaten wie Russland und Iran, die sich im offenen Konflikt mit dem Westen sehen, und China, das den Westen herausfordert, auch Länder wie Brasilien, Indien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten an, die zwar eigenständige Akteure der internationalen Politik sein wollen, denen aber gleichzeitig an guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und zur EU gelegen ist.

Putin konnte am Ende als Gastgeber selbst dafür sorgen, dass für das heimische Publikum der Eindruck entstand, seine Gäste stünden auch im Krieg mit der Ukraine an seiner Seite. Wie schon in den Tagen zuvor bezeichnete er die BRICS-Staaten in seiner Abschlussrede am Donnerstag als Gleichgesinnte; er wiederholte fast wörtlich aus der bereits am Mittwochabend veröffentlichten Schlusserklärung die Kritik an Wirtschaftssanktionen und die Forderung nach einer neuen internatio­nalen Ordnung, in der die Länder des globalen Südens mehr Gewicht haben. „Das Wachstum der Zahlungen in lokalen Währungen ermöglicht es, die Kosten für die Schuldenbedienung zu senken, die finanzielle Unabhängigkeit der BRICS-Mitglieder zu erhöhen und geopolitische Risiken zu mindern und die wirtschaftliche Entwicklung von der Politik zu trennen“, sagte Putin laut Business Insider.

Und schließlich benannte er den Konflikt in der Ukraine als Beispiel für die Missstände in der gegenwärtigen Weltordnung: Die Ukraine werde „benutzt, um kritische Bedrohungen für die Sicherheit Russlands zu schaffen“, sagte Putin, „berechtigte Sorgen“ Russlands würden dabei ignoriert. Die Illusion einer strategischen Niederlage Russlands könne nur hegen, „wer die Geschichte Russ­lands nicht kennt“.

Der Brics-Gipfel in Kasan bot Putin eine Bühne, um für eine Abkehr vom US-Dollar zu werben und den Handel in lokalen Währungen zu fördern. Die Organisatoren des Gipfels rieten den Teilnehmern jedoch, US-Dollar und Euro mitzubringen, da die meisten russischen Banken nur diese Währungen akzeptieren. Dies verdeutlicht die Herausforderung, den Dollar als globale Leitwährung zu ersetzen, so Business Insider.

Die Abschlusserklärung des BRICS-Gipfels in Kasan zeigt deutlich die unterschiedlichen Positionen der Mitgliedsstaaten in Bezug auf den Krieg in der Ukraine. Während Russland den Konflikt als Beispiel für die Missstände der aktuellen Weltordnung darstellt, betonen andere Mitgliedsstaaten die Notwendigkeit, gemäß der UN-Charta zu handeln. Die Teilnahme von UN-Generalsekretär Guterres am Gipfel unterstreicht die Bedeutung der BRICS-Staaten als Akteure auf der internationalen Bühne. Trotz der Differenzen eint die Mitgliedsstaaten das Ziel einer multipolaren Weltordnung, in der der globale Süden mehr Gewicht erhält.

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