19.10.2024
Bürgerbeteiligung in Hamburg: Neue Volksbegehren starten Unterschriftensammlungen

Volksgesetzgebung: Initiativen starten Unterschriftensammlung für Volksbegehren

Mit dem Ende der Sommerpause haben die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs die Möglichkeit, sich aktiv an mehreren Volksbegehren zu beteiligen. Diese Initiativen zielen darauf ab, durch Unterschriftensammlungen wichtige gesellschaftliche Themen zur Abstimmung zu bringen. Am Dienstag begannen die Unterschriftensammlungen für die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an den Gymnasien sowie für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Zudem wird für das Volksbegehren „Hamburger Zukunftsentscheid“ die Unterschriftensammlung in den kommenden Wochen starten. Um einen Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl 2025 durchzuführen, müssen die Initiatoren innerhalb von drei Wochen nahezu 66.000 Unterschriften sammeln.

Initiativen im Detail

Die verschiedenen Initiativen, die derzeit in Hamburg aktiv sind, behandeln unterschiedliche Themen, die in der Öffentlichkeit stark diskutiert werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Initiativen vorgestellt:

G9 - Mehr Zeit zum Lernen! Bildungsgerechtigkeit HH

Die Volksinitiative „G9 - Mehr Zeit zum Lernen! Bildungsgerechtigkeit HH“ setzt sich dafür ein, dass das Abitur an den Gymnasien in Hamburg wieder nach neun Jahren abgelegt werden kann, anstatt nach den derzeit geltenden acht Jahren. Die Initiatoren argumentieren, dass das gegenwärtige System der G8-Ausbildung die Schüler benachteiligt, da diese im Vergleich zu anderen Bundesländern ein Jahr weniger Zeit zur Vorbereitung auf das Abitur haben. Zudem wird gefordert, das Sitzenbleiben wieder zu erleichtern und das Abschulen von Schülern vom Gymnasium auf die Stadtteilschule flexibler zu gestalten.

Die Einführung des achtstufigen Gymnasiums in Hamburg erfolgte im Schuljahr 2002/2003, und der Schulfrieden, der eine Stabilität der Schulstruktur bis 2025 vorsieht, wurde 2010 unterzeichnet. Die Initiative stößt auf unterschiedliche Meinungen, insbesondere von Seiten der Schülervertretungen und der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule, die eine Rückkehr zu G9 als problematisch erachten.

Hamburg testet Grundeinkommen

Eine weitere wichtige Initiative ist „Hamburg testet Grundeinkommen“. Diese Initiative zielt darauf ab, einen Modellversuch zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durchzuführen. Ziel ist es, die Auswirkungen und die Akzeptanz dieser Idee in der Bevölkerung wissenschaftlich zu untersuchen. Bereits 2020 hatte die Initiative erfolgreich 10.000 Unterschriften gesammelt, jedoch wurde das geplante Volksbegehren im Sommer 2023 vom Hamburgischen Verfassungsgericht gestoppt. Die Initiatoren haben ihren Gesetzentwurf überarbeitet und erneut gestartet.

Die rot-grüne Koalition in Hamburg äußert sich kritisch zu dieser Initiative und sieht sie als eine unzureichende Variante des bestehenden Bürgergeldes. Die SPD bezeichnet das Grundeinkommen als „Mogelpackung“ und verweist auf bereits vorhandene wissenschaftliche Studien zu diesem Thema.

Hamburger Zukunftsentscheid

Die Initiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ hat sich das Ziel gesetzt, Hamburg bis 2040 klimaneutral zu machen, anstatt bis 2045, wie es derzeit im Klimaschutzgesetz festgelegt ist. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen jährliche Zwischenziele und ein kontinuierliches Monitoring eingeführt werden. Die Initiative wird von der Klimabewegung Fridays for Future unterstützt und hat das Ziel, die soziale Verträglichkeit der Maßnahmen sicherzustellen.

Hamburg werbefrei

Ein weiteres Anliegen ist die Volksinitiative „Hamburg werbefrei“, die sich gegen die zunehmende Außenwerbung und digitale Reklamemonitore wendet. Diese Initiative hat durch ein Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts an Bedeutung gewonnen, sieht sich jedoch Herausforderungen gegenüber, da die Fristen für einen Volksentscheid nicht mehr eingehalten werden können. Die Initiatoren planen, ihre Unterschriftensammlung im Jahr 2025 durchzuführen.

Der Prozess der Volksgesetzgebung

Die Volksgesetzgebung in Hamburg ermöglicht es den Bürgern, aktiv an der Gesetzgebung teilzunehmen. Der Prozess umfasst mehrere Schritte:

- Eine Volksinitiative muss mindestens 10.000 Unterschriften sammeln, um in die Bürgerschaft eingebracht zu werden. - Wenn die Bürgerschaft innerhalb von vier Monaten nicht auf die Initiative reagiert, können die Initiatoren ein Volksbegehren beantragen. - Für ein Volksbegehren sind innerhalb von drei Wochen 5 % der wahlberechtigten Bevölkerung (ca. 66.000 Unterschriften) erforderlich. - Wenn auch das Volksbegehren nicht erfolgreich ist, kann ein Volksentscheid beantragt werden, der dann bindend für die Politik ist.

Die Möglichkeit zur Volksgesetzgebung wurde in Hamburg 1996 eingeführt und hat seither verschiedene Initiativen hervorgebracht, die sich mit Themen wie Bildung, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz befassen. Die Bürger haben durch diese Instrumente die Möglichkeit, ihre Stimme zu erheben und aktiv an politischen Entscheidungen teilzunehmen.

Die kommende Unterschriftensammlung wird entscheidend sein, um zu bestimmen, ob diese Initiativen in die nächste Phase der politischen Entscheidungsfindung übergehen können. Die Bürger sind aufgerufen, sich zu informieren und gegebenenfalls ihre Unterschrift zu leisten, um die Themen, die ihnen wichtig sind, zu unterstützen.

Die Initiativen und ihre Ziele sind ein Spiegelbild der aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen und Herausforderungen, mit denen sich Hamburg und die Gesellschaft insgesamt konfrontiert sehen.

Quellen: dpa, SZ.de, Hamburgische Bürgerschaft

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