19.10.2024
Bilanz des Scheiterns: Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz für Deutschlands Zukunft
Nach zwanzigjährigem Einsatz in Afghanistan und dem Abzug der Bundeswehr im Jahr 2021 hat der Bundestag eine Enquete-Kommission eingesetzt, um die Lehren aus dem deutschen Engagement zu ziehen. Die Kommission unter dem Vorsitz des SPD-Politikers Michael Müller hat nun einen Zwischenbericht vorgelegt, der eine kritische Auseinandersetzung mit den Ereignissen und Entscheidungen der vergangenen Jahre bietet. Die Enquete-Kommission, bestehend aus zwölf Abgeordneten und zwölf Sachverständigen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das deutsche Engagement rückblickend zu analysieren. Der Fokus liegt dabei auf dem vernetzten Ansatz, der die Verzahnung militärischer, polizeilicher, diplomatischer, entwicklungspolitischer und humanitärer Instrumente beschreibt. Dieser Ansatz sollte im Rahmen internationaler Friedensmissionen zum Einsatz kommen und wird nun daraufhin überprüft, inwiefern er in Afghanistan erfolgreich angewendet wurde und welche Lehren für die Zukunft gezogen werden können. Der Zwischenbericht der Kommission offenbart, dass trotz einiger Erfolge, etwa im Bereich der Infrastruktur, Gesundheit und Bildung, von denen insbesondere Mädchen und Frauen profitierten, ein strategisches Scheitern der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan zu konstatieren ist. Die Ziele der beteiligten Nationen waren laut Bericht nicht ausreichend abgestimmt und häufig nicht realistisch. Derya Türk-Nachbaur, Sprecherin der Enquete-Kommission, betont die Notwendigkeit einer besseren Fehlerkultur und Selbstkritik. Der Bericht soll dabei helfen, die Stärken und Schwächen Deutschlands zu identifizieren und daraus zu lernen. Michael Müller hebt hervor, dass der Zwischenbericht fraktionsübergreifend Fehler und Versäumnisse klar identifiziert. Diese Erkenntnisse dienen als Grundlage für die weitere Arbeit der Kommission, die im zweiten Teil konkrete Handlungsempfehlungen für das zukünftige außen- und sicherheitspolitische Engagement Deutschlands formulieren wird. Dabei soll insbesondere die Koordination und Verzahnung ziviler und militärischer Maßnahmen verbessert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht in den zivilen Maßnahmen einen Bereich, in dem Deutschland international eine Vorreiterrolle einnimmt und diese weiterhin ausbauen möchte. Die Erfahrungen aus dem Afghanistan-Einsatz sollen genutzt werden, um in zukünftigen internationalen Krisenregionen effektiver agieren zu können. Ziel der Kommission ist es, bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode dem Bundestag Handlungsempfehlungen für das künftige Engagement Deutschlands in internationalen Krisenregionen vorzulegen. Die Arbeit der Kommission wird also auch in Zukunft von großer Bedeutung sein, um die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands weiterzuentwickeln und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. In den öffentlichen Anhörungen und Sitzungen der Kommission wurden bereits vielfältige Aspekte des Afghanistan-Einsatzes beleuchtet – von der Rolle der Regierung über die Arbeit der Wiederaufbauteams bis hin zu den Gründen für das Scheitern des internationalen Engagements. Experten fordern klare Ziele, Kontrolle und Transparenz für künftige Einsätze und empfehlen eine stärkere Vernetzung als Lehre aus Afghanistan. Der Afghanistan-Einsatz wird als eines der prägendsten Kapitel in der jüngeren deutschen Außen- und Sicherheitspolitik in Erinnerung bleiben. Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Aufarbeitung und bietet eine Chance, für die Zukunft lernfähig zu bleiben.
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