19.10.2024
Das römische Kaisertum Ein neuer Blick auf eine alte Macht

Wenn eine Epoche nur lange genug zurückliegt, scheint alles abgeschlossen und erledigt. Unser Wissen über sie wächst allenfalls ein wenig dank einer spektakulären Ausgrabung oder, noch seltener, durch die Entdeckung eines verschollenen geglaubten Textes. So könnte einem zum Beispiel die römische Antike wie ein Artefakt vorkommen, das im Museum verstaubt – wären da nicht immer wieder die faszinierenden Momente, in denen sie auf einmal in einem ganz neuen Licht erscheint, weil jemand andere Fragen stellt oder ein theoretisches Modell entwirft, das einen anderen Blick auf diese Welt erlaubt. Da zeigt sich dann, dass die Vergangenheit eben kein fixer Ge­genstand ist, sondern ein immer wieder neu modelliertes Gebilde, das jede Ge­genwart für sich hervorbringt und in diesem Prozess zugleich von sich selbst erzählt. Wie Peter Körte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schreibt, ist genau das der Ansatz von Mary Beards neuem Buch "Die Kaiser von Rom".

Mary Beard, die angeblich berühmteste Althistorikerin der Welt, besucht wieder „Die Kaiser von Rom“ – und erzählt von Autokraten, für die auch Orgien Arbeit waren. Beard ist Professorin für Klassische Philologie an der Universität Cambridge und Mitglied des Newnham College. Sie hat zahlreiche Schriften zur Geschichte und Kultur der antiken Welt veröffentlicht. Der „Guardian“ bezeichnete sie 2023 als berühmteste Althistorikerin der Welt. Immer wieder schaltet sich auch in aktuelle Debatten ein, wie 2017 mit ihrem internationalen Bestseller „Frauen und Macht“. Sie ist Herausgeberin des Bereichs Altertumswissenschaften für das „Times Literary Supplement“ sowie Autorin und Moderatorin der berühmten BBC-Serie Meet the Romans. Für ihre Bücher wurde sie mehrfach ausgezeichnet. „Emperor of Rome“ war 2023 „Sunday Times“- und „New York Times“-Bestseller 2023 und gehörte zu den 25 „Best History Books of the Year“ der „Sunday Times“. In ihrem neuen Buch "Die Kaiser von Rom" erzählt Mary Beard über Leben und Herrschaft der Kaiser von Rom. Sie zeigt, was es wirklich hieß, Kaiser von Rom zu sein, jenseits der wilden Geschichten über Intrigen, Orgien und Wahnsinn. Sie schildert, wie Augustus, Nero oder Caligula die Regierungsgeschäfte führten, stellt ihren Alltag dar, ihre Aufgaben und ihr Verhältnis zum Volk. Sie macht uns mit den Ehefrauen und Geliebten des Kaisers bekannt, mit seinen Rivalen, Buchhaltern und Hofnarren. Und sie zeigt, was die einfachen Leute im Kaiser sahen: die Verkörperung all ihrer Sehnsüchte, Ängste und Wünsche, doch ebenso den weisen Richter, der ihre Probleme löste.

Nicht das was, sondern das wie begeistert Rezensent Jens Jessen an Mary Beards Buch über die römischen Kaiser. Die Quellen, die sie nutzt, sind bekannt, erläutert Jessen, sie würden auch nicht besonders originell ausgelegt, aber was die Althistorikerin mit ihnen anstellt, ist für Jessen doch besonders. Und zwar, führt der Rezensent aus, weil Beard keinen chronologischen Durchgang durch die Kaiserschaft unternimmt, sondern das Bild eines Kollektivkaisers zeichnet, also darstellt, wie der Tagesablauf, der Machtgebrauch, das Liebesleben und so weiter der Kaiser im Allgemeinen aussah. Sie geht auch, lernen wir, auf das Problem ein, dass nicht alle Aufzeichnungen über Kaiser der historischen Wahrheit entsprechen und argumentiert, dass auch Erfindungen einen historischen Kern in sich tragen. Insgesamt hat die Autorin weniger ein Buch über einzelne Kaiser geschrieben als über das Kaiseramt, das fast zwangsläufig die Persönlichkeit derer, die es tragen, prägte. Das findet Jessen sehr überzeugend. Nur die christlichen Kaiser, die hätte er sich auch noch dazugewünscht.

Mary Beards Buch zeichnet ein vielseitiges Bild des römischen Kaisertums, freut sich Rezensent Michael Opitz. Behandelt werden die Kaiser von Mitte des 1. Jahrhunderts vor bis Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus, doch obwohl das Buch um eine Auflistung aller behandelten Kaiser ergänzt ist, erzählt es nicht einfach deren Lebensgeschichten nach, erläutert Opitz. Vielmehr, so der Rezensent, nähert sich Beard ihrem Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven, mal geht es um die Ehen, die Kaisers führen, mal um ihren Haushalt, auch die teils blutigen, teils aber auch natürlichen Tode, die sie sterben, werden thematisiert. Weiterhin lernt Opitz von Beard, dass die Kaiser, wiewohl sie an der Spitze des Staates standen und nach ihrem Tod gar in den Rang von Göttern aufsteigen konnten, auf das Wohlwollen des Volkes angewiesen waren. Insgesamt ein lehrreiches Buch nicht nur für Fachleute, so das Fazit.

Quellen:

- Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.10.2024, "Als Bonus gab es einen Sklaven" von Peter Körte

- https://www.fischerverlage.de/buch/mary-beard-die-kaiser-von-rom-9783103975468

- https://www.perlentaucher.de/buch/mary-beard/die-kaiser-von-rom.html

- https://www.hugendubel.de/de/buch_gebunden/mary_beard-die-kaiser_von_rom-47986966-produkt-details.html?srsltid=AfmBOoqBwyoLuPB-x4JBbggzaG7F7GcQFYOdAqoak4Ct03Aq92t29jgq

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