19.10.2024
Demonstrationen in Israel fordern Fortschritte im Geiseldrama

Krieg in Nahost: Neue Demonstrationen in Israel für Gaza-Deal

In Israel sind erneut zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um ein Abkommen zur Freilassung der von der Hamas gehaltenen Geiseln zu fordern. Während die israelische Armee im Gazastreifen weiterhin gegen die islamistische Hamas vorgeht, kommt es im eigenen Land zu Massendemonstrationen. Bei der Hauptkundgebung in Tel Aviv sowie in anderen Städten forderten die Teilnehmer ein Abkommen zur Freilassung von rund 100 Geiseln. Laut örtlichen Medienberichten sprechen die Organisatoren von bis zu 500.000 Demonstranten allein in Tel Aviv.

„Wir dürfen kein Leben mehr opfern, wir dürfen sie (die verbleibenden Geiseln) nicht opfern“, äußerte eine Verwandte einer von der Hamas erschossenen Geisel auf der Kundgebung in Tel Aviv. „Ihre Zeit läuft ab.“ Diese Worte spiegeln die Dringlichkeit wider, die viele Angehörige der Geiseln empfinden, besonders nach dem jüngsten Vorfall, bei dem mehrere Geiseln von der Hamas getötet wurden.

Geisel-Angehörige kritisieren Netanjahu

In der vergangenen Woche wurden Carmel Gat und eine weitere Frau sowie vier Männer von Hamas-Terroristen erschossen. Das israelische Militär gab bekannt, dass ihre Leichen in einem Tunnel in Gaza gefunden wurden. „Die Sechs wären heute hier unter uns, wenn (Israels Ministerpräsident Benjamin) Netanjahu Ja zu einem Deal gesagt hätte“, rief eine Verwandte von Gat in die Menge, ihre Stimme von Trauer und Wut durchzogen.

Die Hamas und andere islamistische Gruppen hatten am 7. Oktober des vergangenen Jahres den Süden Israels überfallen, was zu mehr als 1.200 Toten und etwa 250 Geiseln führte. Dieses beispiellose Massaker war der Auslöser für den aktuellen Gaza-Krieg. Nach israelischen Angaben befinden sich noch 101 Menschen in der Gewalt der Hamas, wobei unklar bleibt, wie viele von ihnen noch leben.

Indirekte Verhandlungen im Stillstand

Die indirekten Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln, bei denen die USA, Ägypten und Katar als Vermittler auftreten, stagnieren seit Monaten. Das geplante mehrstufige Abkommen würde auch die Beendigung des Krieges, den Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen und die Entlassung tausender palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen umfassen.

Kritiker werfen Ministerpräsident Netanjahu vor, die Verhandlungen durch überzogene Forderungen zu sabotieren, darunter die Forderung nach einem dauerhaften Verbleib des israelischen Militärs an strategischen Positionen im Gazastreifen. Netanjahu regiert in einer Koalition mit rechtsextremen Parteien, die jegliche Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und ihm mit dem Platzen des Regierungsbündnisses drohen.

US-Delegationsleiter kündigt neue Verhandlungen an

William Burns, der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, hat angekündigt, dass weitere indirekte Verhandlungen stattfinden werden. „Wir werden in den nächsten Tagen einen detaillierteren Vorschlag vorlegen, und dann werden wir sehen“, sagte Burns auf einer Veranstaltung der „Financial Times“ in London. Er leitet normalerweise die US-Delegation bei den indirekten Verhandlungen, die meist in Kairo oder Doha stattfinden.

US-Medien berichteten von einem geplanten letzten Vorschlag für ein Abkommen. Sollte dieser von beiden Konfliktparteien abgelehnt werden, könnte dies das Ende der Verhandlungen bedeuten. Burns betonte, dass viel auf dem Spiel stehe, auch für die Zukunft und Sicherheit der gesamten Nahost-Region.

Wieder Tote im Libanon

Unterdessen dauern die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon an. In der Nacht heulten im Norden Israels die Sirenen, da das israelische Militär bekanntgab, dass mehr als 50 Geschosse aus dem Libanon abgefeuert wurden. Die Luftabwehr habe die meisten abgefangen, jedoch seien mindestens zwei Geschosse im evakuierten Ort Kirjat Schmona eingeschlagen und hätten Schäden verursacht, ohne dass es Verletzte gab.

Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon sind nach Angaben örtlicher Behörden mindestens drei Menschen getötet worden. Die Opfer seien Mitarbeiter des Zivilschutzes, wie das Gesundheitsministerium in Beirut mitteilte. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall. Die Hisbollah reklamierte mehrere Angriffe auf Israel für sich.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten Hamas vor elf Monaten kommt es im Grenzgebiet der beiden Länder nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen. Auf beiden Seiten gab es dabei Tote, die meisten von ihnen Mitglieder der Hisbollah, die nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas handeln.

Die Situation bleibt angespannt, und die Demonstrationen in Israel zeigen, dass der Druck auf die Regierung wächst, einen Deal zur Freilassung der Geiseln zu erreichen und den Konflikt zu beenden.

Quellen: dpa, FAZ, RND, SZ, Tagesspiegel, Stern

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