Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, umgangssprachlich auch als „Wirtschaftsweise“ bekannt, zeichnet ein eher düsteres Bild der deutschen Konjunktur. Wie die F.A.Z. berichtet, prognostizieren die Experten für das Jahr 2025 ein Wachstum von lediglich 0,4 Prozent. Diese Einschätzung liegt deutlich unter den Erwartungen der Bundesregierung, die im Oktober noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent ausging. Für das laufende Jahr 2024 rechnen die Wirtschaftsweisen sogar mit einem leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent. Auch andere Medien, wie beispielsweise die Badischen Neuesten Nachrichten (BNN), berichten über die gedämpfte Wachstumsprognose des Sachverständigenrats.
Im Jahresgutachten des Sachverständigenrats wird die anhaltende Stagnation der deutschen Wirtschaft seit Beginn der Pandemie- und Krisenjahre 2020 hervorgehoben. Das reale BIP-Wachstum in Deutschland betrug in den letzten fünf Jahren lediglich 0,1 Prozent. Damit hinkt Deutschland im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Als Hauptgründe für die schwache Entwicklung nennen die Wirtschaftsweisen die industrielle Schwäche Deutschlands und den verhaltenen privaten Konsum. Entgegen den Erwartungen und trotz deutlicher Lohnerhöhungen ist der private Konsum in diesem Jahr nicht wie erhofft angesprungen. Zusätzlich dämpft die anhaltende Schwäche der Bauwirtschaft das Wachstum.
Ein zentraler Punkt des Gutachtens ist der Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industrieunternehmen. Die Produktionskosten sind im Vergleich zum Ausland stark gestiegen, während die Produktivitätsentwicklung schwach blieb. Laut F.A.Z. sehen die Wirtschaftsweisen darin den Grund, warum die deutsche Wirtschaft – anders als in der Vergangenheit – nicht von der robust wachsenden Weltwirtschaft profitiert. Für das kommende Jahr wird sogar ein negativer Außenbeitrag (Export minus Import) erwartet, der das Wachstum zusätzlich belasten wird.
Die hohen Energiekosten im internationalen Vergleich und die deutlichen Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre werden als Hauptgründe für den Wettbewerbsfähigkeitsverlust genannt. Der Faktor Arbeit sei in Deutschland nicht nur knapp, sondern auch im internationalen Vergleich teuer und in den vergangenen Jahren noch teurer geworden, so die Wirtschaftsweisen laut F.A.Z. Dies zeige sich daran, dass die Lohnstückkosten in vielen Ländern relativ zu Deutschland gesunken seien.
Die industrielle Schwäche spiegelt sich auch in der Investitionsschwäche wider. Die Ausrüstungsinvestitionen werden in diesem Jahr voraussichtlich um 5,6 Prozent sinken. Für 2025 erwarten die Ökonomen nur ein geringes Plus von 0,7 Prozent. Das Risiko, dass die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe nicht ausgeweitet werden kann, sei substanziell. Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe wird sich laut Einschätzung des Sachverständigenrats auch auf andere Wirtschaftsbereiche auswirken, insbesondere auf die unternehmensnahen Dienstleistungen.
Die wirtschaftliche Stagnation macht sich zunehmend auch am Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Arbeitslosenquote soll im kommenden Jahr von 6 auf 6,1 Prozent steigen. Die Inflation in Deutschland wird mit 2,1 Prozent im kommenden Jahr voraussichtlich nahezu unverändert bleiben. Wie die Tagesschau berichtet, liegt die Wachstumsprognose des Sachverständigenrats von 0,4 Prozent für das kommende Jahr im Mittelfeld der Erwartungen. Während die Bundesregierung 1,1 Prozent Wachstum erwartet, rechnen die großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose mit 0,8 Prozent. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht sogar von einem Nullwachstum aus. Einige Volkswirte von Geschäftsbanken erwarten sogar eine weitere Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um bis zu 0,3 Prozent.
Die Frankfurter Zeitung (F.A.Z.) berichtet zudem über interne Spannungen innerhalb des Sachverständigenrats. Ein Streit über einen neuen Verhaltenskodex belastet das Verhältnis der Ökonomen. Veronika Grimm hat Klage gegen den Kodex eingereicht, während die anderen vier Mitglieder die Annahme eines Aufsichtsratsmandats bei Siemens Energy durch Grimm für unvereinbar mit der Glaubwürdigkeit des Rates halten. Hinter dem Streit werden auch inhaltliche und persönliche Differenzen vermutet. Grimm äußert im aktuellen Jahresgutachten in drei Minderheitenvoten abweichende Meinungen zu wirtschaftspolitischen Fragen.
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