Es ist ein Ausruf wie ein Fanal: „Kick Out The Jams, Brothers And Sisters“. Unmittelbar danach bricht der Tumult aus und die Massen erheben sich zur Revolution. Zumindest diesen Eindruck vermag bis heute die Aufnahme eines Konzerts im späten Oktober 1968 in Detroit vermitteln, in der sich das Brodeln jener von Unruhen, einer sich radikalisierenden Bürgerrechtsbewegung, Studentenprotesten, Märschen gegen den Vietnamkrieg und dem Aufbegehren gegen bestehende Machtstrukturen bestimmten Zeit zu einer wütenden, mitreißenden, umwerfenden Musik verdichtete.

Sie vermengte Fifties-Rock ‘n‘ Roll, Sixties-Beat, Rock, Soul und Jazz-Abstraktionen zu derbem Garagen-Rock und aufrührerischem Proto-Punk. Ein großer Verkaufserfolg war das im Mai 1969 veröffentlichte Live-Album „Kick Out The Jams“, mit dem die aus Detroit stammende Band MC5 ins Rampenlicht trat, seinerzeit zwar nicht, doch die Legende war begründet. Und die wuchs mit jeder Wiederveröffentlichung des Albums in den vergangenen Jahrzehnten. Heute gilt es als Meilenstein der Rockgeschichte, als Musterbeispiel für die Verknüpfung von politischer Haltung und Musik, als eine der Keimzellen des Punk und als Inspiration für vermutlich jede Band, die seither mit Fuzz-Gitarren hantiert.

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Trotz dieser Meriten war die Karriere der Band Anfang 1972 nach zwei weiteren Alben („Back in the U.S.A“ und „High Time“) schon wieder vorüber, als sich Sänger Rob Tyner, Gitarrist und Sänger Wayne Kramer, Gitarrist Fred „Sonic“ Smith (der spätere Ehemann von Patti Smith), Bassist Michael Davis und Schlagzeuger Dennis Thompson trennten. Zwar fand sich die Gruppe später in unterschiedlichen Besetzungen gelegentlich zusammen, doch neue Musik entstand dabei nicht mehr. Und als Rob Tyner 1991, Fred Smith 1994 und Michael Davis 2012 starben, schienen MC5 nurmehr Legende zu sein, selbst wenn Wayne Kramer mit einer All-Star-Band unter dem Namen MC50 mit einer Tournee den fünfzigsten Geburtstag von „Kick Out The Jams“ feierte.

Der Kanadier Bob Ezrin, Produzent von Alice Cooper, Pink Floyd und Kiss, hat das neue MC5-Album produziert.Jim Newberry

Wenn es nun doch noch nach 53 Jahren mit „Heavy Lifting“ (am 18. Oktober auf dem Label earmusic veröffentlicht) ein neues MC5-Album gibt, hat dies vor allem mit Wayne Kramer zu tun und auch mit dem Produzenten Bob Ezrin, weltberühmt geworden durch seine Produzententätigkeit für Pink Floyd, Peter Gabriel, Kiss, Lou Reed und vor allem Alice Cooper, mit dem der 1949 geborene Kanadier Ezrin seit dessen Debütalbum 1969 zusammenarbeitet und eng befreundet ist. „Alice und ich waren Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre ja ebenfalls in Detroit und kannten natürlich die MC5, mit denen wir uns auch die Bühne teilten. Als Wayne 2019 als Gastgitarrist bei den Aufnahmen von Coopers Album ,Detroit Stories‘ mitwirkte, tauschten wir viele Erinnerungen an jene Zeit aus“, sagt Ezrin im Gespräch mit der F.A.Z.: „Etwa ein Jahr später rief mich Wayne an und erzählte mir von einem Filmprojekt, an dessen Soundtrack er und der Songwriter Brad Brooks gemeinsam arbeiten würden und ob ich das mal anhören wolle. Er schickte mir das Material und als ich es hörte, dachte ich gleich: Wow, das ist ja wie MC5. Voller Kraft und Funk und meiner Ansicht nach sehr, sehr politisch.“

Wayne Kramer (links)

„Einige Bands brauchen ein wenig Zeit zwischen ihren Alben. Ich habe sehr viel Zeit zwischen den Alben gebraucht“, sagte Kramer Ende 2023 gegenüber „Mojo“. Wie die „Detroit Free Press“ berichtete, ist der Drummer Dennis Thompson am 09. Mai 2024 in einer Pflegeklinik an den Folgen eines Herzinfarkts im Alter von 75 Jahren gestorben. „Heavy Lifting“ wurde von Bob Ezrin produziert. „Es hat eine revolutionäre Botschaft, aber auch einen guten Sinn für Humor“, sagte Ezrin gegenüber „Ultimate Classic Rock“.

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