Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich den Besuchern im Großen Haus des Schauspiels Frankfurt bietet. Nicht das ausverkaufte Waldstadion, sondern die vergleichsweise intimen 700 Plätze des Theaters bilden den Rahmen für einen Abend mit Herbert Grönemeyer. Der Anlass: Die Präsentation der neuen Biographie „Grönemeyer“ – geschrieben von keinem Geringeren als Michael Lentz, selbst Literaturprofessor, Musiker, Dichter, Romancier und Ingeborg-Bachmann-Preisträger. Doch an diesem Abend gibt es keine klassische Lesung, sondern ein Gespräch unter Freunden, dem das Publikum gespannt lauscht.
Michael Lentz, seit vielen Jahren mit dem Sänger befreundet, liefert mit seiner Biographie nicht nur eine chronologische Nacherzählung von Grönemeyers Leben. Vielmehr ist er auf der Suche nach dem Geheimnis hinter dem Erfolg des Musikers, der sich seinen Weg durch Lagerfeuer-Romantik, Theaterbühnen und musikalische Selbstfindung gebahnt hat. „Wie aus Bananentexten Hymnen werden“, titelte die F.A.Z. am 04.10.2024 in einem Artikel über die Veranstaltung.
Tatsächlich offenbart Lentz mit Hilfe musiktheoretischer und literaturästhetischer Analysen die Tiefe, die sich hinter Grönemeyers scheinbar einfachen Songs verbirgt. So sorgt die Betrachtung der Harmonien in „Mensch“ mit ihren Moll- und Dur-Wechseln selbst beim Musiker für einen überraschten „Aha“-Moment.
Denn Grönemeyer, der mit seinen Texten Millionen Menschen berührt, komponiert nicht etwa nach vorgefertigten Texten. Vielmehr entstehen Melodien und Harmonien zuerst, die er mit englischsprachigen Textfragmenten füllt – seinen „Bananentexten“. Erst später, wenn die Musik steht, formt er daraus die deutschen Zeilen, die zu Hymnen einer ganzen Generation werden.
Zum Vergnügen des Publikums gibt Grönemeyer einige dieser „Bananentexte“ zum Besten, die Lentz mit einem Augenzwinkern übersetzt und interpretiert. Die Diskrepanz zwischen den englischen Phrasen und den daraus entstandenen deutschen Texten sorgt für Erheiterung im Saal und verdeutlicht gleichzeitig die einzigartige Arbeitsweise des Musikers.
Letztlich ist es aber nicht nur die Analyse der Musik, die Lentz‘ Buch so besonders macht. Es ist die Kombination aus fachlicher Expertise und persönlicher Freundschaft, die einen neuen Blick auf Herbert Grönemeyer ermöglicht – den Menschen hinter den Hits, der mit seiner Musik und seinen Texten deutsche Mentalitätsgeschichte schreibt.
Quellen:
- F.A.Z., 04.10.2024, „Grönemeyer-Biographie: Wie Bananentexte zu Hymnen werden“ von Christian Riethmüller
