Nach langem Ringen und kontroversen Debatten innerhalb der Ampelkoalition hat das Bundesarbeitsministerium den Entwurf für ein Tariftreuegesetz vorgelegt. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, wurde der Entwurf an die Bundesländer und relevante Verbände zur Anhörung versandt. Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmen, die öffentliche Aufträge oder Konzessionen des Bundes erhalten, ihren Angestellten tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen.
Der Entwurf markiert einen wichtigen Schritt in der Umsetzung eines zentralen Vorhabens der Ampelkoalition. Bereits im Koalitionsvertrag von 2021 hatten SPD, FDP und Grüne die Stärkung der Tarifbindung durch ein solches Gesetz vereinbart. Das Gesetz soll dazu beitragen, den Rückgang der Tarifbindung in Deutschland zu stoppen.
Die Bedeutung von Tarifverträgen hat in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Während 1998 noch 76 Prozent der Beschäftigten im Westen Deutschlands unter den Schutz eines Tarifvertrags fielen, waren es im vergangenen Jahr nur noch 51 Prozent. Im Osten Deutschlands ist der Rückgang ähnlich: Von 63 Prozent im Jahr 1998 auf 44 Prozent im Jahr 2023.
Dieser Trend hat weitreichende Folgen für die Arbeitsbedingungen und die Einkommensentwicklung in Deutschland. Tarifverträge sichern Arbeitnehmern im Schnitt höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) liegt der Stundenlohn bei Tarifbindung durchschnittlich 4,50 Euro höher als der Mindestlohn.
Der Weg zum Tariftreuegesetz war von Konflikten innerhalb der Regierung geprägt. Insbesondere das FDP-geführte Bundesfinanzministerium hatte Bedenken geäußert und den Beginn der Verbändeanhörung zwischenzeitlich blockiert. Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es, man wolle in der aktuellen wirtschaftlichen Lage keine zusätzlichen bürokratischen Hürden für Unternehmen schaffen.
Auch von Seiten der Arbeitgeberverbände gab es Widerstand gegen das Vorhaben. Sie kritisierten das Gesetz als einen Eingriff in die Tarifautonomie und sprachen von einem „Tarifzwang“. Die Arbeitgeber argumentieren, dass nicht tarifgebundene Unternehmen durch niedrigere Personalkosten einen Wettbewerbsvorteil bei der Vergabe öffentlicher Aufträge hätten.
Neben der Stärkung der Tarifbindung sieht der Gesetzentwurf weitere wichtige Punkte vor:
Mit dem Tariftreuegesetz will die Bundesregierung ein Zeichen für faire Arbeitsbedingungen und die Bedeutung der Tarifbindung setzen. Ob das Gesetz den gewünschten Effekt erzielt und die Tarifbindung in Deutschland wieder gestärkt werden kann, bleibt abzuwarten. Die Debatte um das Thema wird die deutsche Arbeitswelt sicherlich noch weiter beschäftigen.
Quellen: