16.10.2024
Erste Migranten aus Italien erreichen albanisches Aufnahmelager

Am Mittwochmorgen erreichte erstmals ein Schiff mit Migranten, die zuvor in italienischen Gewässern aufgegriffen wurden, den albanischen Hafen Shengjin. Das italienische Marineschiff traf nach einer 36-stündigen Fahrt ein und hatte 16 Männer aus Bangladesch und Ägypten an Bord, wie AFP-Reporter berichteten.

Die Migranten sollen nach ihrer Registrierung in einem Aufnahmelager untergebracht werden, während ihre Asylanträge bearbeitet werden. Dies stellt das erste Mal dar, dass die Bearbeitung von Asylanträgen von einem EU-Mitgliedstaat in ein Land außerhalb der EU verlagert wird.

Italien und Albanien hatten im November 2023 die Einrichtung von durch Italien betriebenen Aufnahmelagern in Albanien vereinbart. Die Asylzentren werden nach italienischem Recht und mit italienischem Personal betrieben. Bei den Asylverfahren werden die Richter per Video aus Rom zugeschaltet. Die Zentren sind zunächst für eine Kapazität von 1000 Menschen angelegt, die längerfristig verdreifacht werden soll. Das erste errichtete Aufnahmelager liegt auf einem ehemaligen Militärstützpunkt im rund 20 Kilometer vom Hafen Shengjin entfernten Ort Gjader.

Das Abkommen betrifft männliche Erwachsene, die von Schiffen der italienischen Marine oder Küstenwache in internationalen Gewässern, aber innerhalb des italienischen Such- und Rettungsgebiets aufgegriffen werden. Die Männer sollen in den Aufnahmezentren auf albanischem Boden bleiben, während ihre Asylanträge bearbeitet werden. Nur wenn ein Antrag bewilligt wird, soll die Einreise nach Italien möglich sein. 

Als gefährdet eingestufte Migranten, insbesondere Frauen, Minderjährige, Menschen mit psychischen Problemen oder Opfer von Folter, Missbrauch oder Menschenhandel, sollen nicht in die Zentren in Albanien kommen, sondern weiterhin nach Italien gebracht werden.

Italien und Ungarn haben vorgeschlagen, dieses Prinzip auf die gesamte EU auszuweiten und sogenannte Rückführungszentren aufzubauen, um Migranten ohne Bleiberecht in Länder außerhalb der EU zurückzuschicken. Dieses Thema könnte beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag debattiert werden.

Die Einrichtung der Zentren war im November 2023 im Rahmen eines Abkommens zwischen Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und ihrem albanischen Kollegen Edi Rama beschlossen worden. Das Abkommen ist auf fünf Jahre angelegt, seine Kosten werden pro Jahr auf 160 Millionen Euro geschätzt. Der Bau des ersten Aufnahmezentrums und der Registrierungsstelle am Hafen kostete 65 Millionen Euro, doppelt soviel wie geplant.

Meloni hatte das Abkommen am Dienstag als "einen neuen und mutigen Weg" beschrieben, der anderen EU-Staaten als Vorbild dienen und "auch mit anderen Nicht-EU-Ländern" beschritten werden könne.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen scharf. So seien etwa "große Fragen dazu offen, wie Italien sicherstellen wird, dass die Rechte der Menschen außerhalb der EU-Gerichtsbarkeit gewahrt bleiben", erklärte die Italien-Chefin des International Rescue Committee (IRC), Susanna Zanfrini. SOS Humanity sprach von einem Verstoß gegen internationales Seerecht und einer "Aushöhlung der Grundrechte von Flüchtlingen".

Kritiker bemängeln angesichts der hohen Zahl an Flüchtlingen zudem ein Missverhältnis. "In den vergangenen drei Tagen sind mehr als 1600 Migranten in Italien gelandet", erklärte der Migrationsforscher Matteo Villa im Onlinedienst X. "Ein Schiff der italienischen Marine bringt 16 von ihnen nach Albanien. Ich denke, mehr muss ich dazu nicht sagen". 

Ein erstes Schiff aus Lampedusa mit männlichen Migranten hat den albanischen Hafen Shëngjin erreicht. Nach einer 36-stündigen Fahrt traf das Schiff am Morgen dort ein, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. An Bord waren demnach insgesamt 16 Männer aus Bangladesch und Ägypten. Wie die „Zeit“ berichtet, sind die Migranten Teil eines umstrittenen Flüchtlingsabkommens. In Albanien sollen nun ihre Asylanträge bearbeitet werden.

Ziel sind die Aufnahmezentren in den albanischen Orten Shëngjin und Gjadër, die in der vergangenen Woche nach deutlicher Verzögerung in Betrieb genommen worden waren. Dort sollen italienische Beamte ihre Asylanträge im Schnellverfahren in maximal 30 Tagen prüfen. Wird ein Antrag negativ beschieden, sollen Betroffene direkt aus Albanien abgeschoben werden. Bei einem positiven Bescheid sollen die Migranten nach Italien einreisen dürfen.

Vor einem knappen Jahr hatte die italienische Regierung unter Führung der rechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ein Migrationsabkommen mit Albanien geschlossen. Es sieht vor, dass Albanien bis zu 3.000 Migranten aufnimmt, während Italien deren Asylanträge im Schnellverfahren bearbeitet. Das Abkommen betrifft männliche Erwachsene, die von Schiffen der italienischen Marine oder Küstenwache in internationalen Gewässern, aber innerhalb des italienischen Such- und Rettungsgebiets aufgegriffen werden.

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