19.10.2024
EU Ringt um Ukraine Hilfe Milliardenpaket Orbáns Veto Testet Europas Einigkeit
Auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel steht ein bedeutendes Finanzpaket im Zentrum der Debatten: 50 Milliarden Euro sollen der Ukraine in ihrer Abwehr gegen den russischen Angriffskrieg und zur Stabilisierung ihrer Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Doch die Freigabe dieser Mittel hängt an einer entscheidenden Zustimmung – der des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Bereits im Dezember hatte Orbán ein Veto gegen die Freigabe eingelegt, was auf einen komplexen politischen Schachzug hindeutet, der über die reine Frage der Unterstützung der Ukraine hinausgeht. Orbán argumentiert, dass statt weiteres Geld zu senden, die EU sich für ein Ende des Konflikts starkmachen sollte. Zugleich steht der Verdacht im Raum, dass Ungarns Regierungschef diese Blockadehaltung nutzt, um die Freigabe von EU-Geldern für sein Land, die aufgrund von Rechtsstaatsbedenken eingefroren wurden, zu erzwingen. Die EU-Kommission hatte kurz vor dem letzten Gipfel zehn Milliarden Euro für Ungarn freigegeben, was als Entgegenkommen interpretiert werden könnte. Doch Orbán bleibt bei seiner Linie und fordert ein jährliches Prüfrecht über die Hilfen. Er begründet dies unter anderem mit den im Juni anstehenden Europawahlen, bei denen seiner Ansicht nach der Eindruck vermieden werden sollte, dass die Stimme der Bürger nicht zähle. Die anderen Mitgliedstaaten der EU stehen vor einer Zerreißprobe: Einerseits wollen sie ein starkes Signal der Solidarität und Unterstützung an die Ukraine senden, andererseits drohen sie durch die Blockadehaltung Ungarns in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt zu werden. Deutschland und andere Staaten lehnen Orbáns Bedingung ab, da sie der Ukraine eine langfristige Unterstützung zusichern wollen und keine neuen Erpressungsmöglichkeiten schaffen möchten. Sollte Orbán bei seiner Blockade bleiben, gibt es theoretisch zwei Optionen: Entweder die EU-Mitglieder geben die Mittel ohne Ungarn in einem komplexen Verfahren außerhalb des EU-Budgets frei, was zeitintensiv wäre, oder sie stimmen der Bedingung Ungarns zu, was Orbán ein wiederholtes Veto ermöglichen würde. Im Vorfeld des Sondergipfels berichteten Medien über ein Papier des EU-Ratssekretariats, das ein Szenario zeichnet, wie die ungarische Wirtschaft leiden könnte, falls die Blockadehaltung fortgesetzt wird. Orbán bezeichnete dies auf sozialen Medien als Erpressung und bekräftigte, die Interessen seines Landes vertreten zu wollen. Angesichts der festgefahrenen Situation wird auch über härtere Maßnahmen nachgedacht, wie beispielsweise die Aktivierung des Artikel-7-Verfahrens, das letztlich zum Entzug von Ungarns Stimmrecht bei EU-Entscheidungen führen könnte. Dieser Schritt wäre präzedenzlos und zeigt das Ausmaß der gegenwärtigen Krise auf. Neben dem finanziellen Aspekt sind auch die militärischen EU-Hilfen für die Ukraine Thema des Gipfels. Kanzler Scholz hat eine Debatte über die ungleichen Lasten der Mitgliedstaaten bei den Militärhilfen angeregt. Laut EU-Außenbeauftragtem Borrell kann die Ukraine in diesem Jahr auf europäische Militärhilfen im Wert von mindestens 21 Milliarden Euro hoffen, was eine Beschleunigung der Unterstützung bedeuten würde. Der EU-Sondergipfel in Brüssel steht somit nicht nur im Zeichen der Unterstützung der Ukraine, sondern auch der inneren Kohäsion und der politischen Handlungsfähigkeit der Europäischen Union. Das Verhalten Ungarns stellt eine Herausforderung dar, die weitreichende Konsequenzen haben könnte – sowohl für die Beziehungen innerhalb der EU als auch für die Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland.
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