19.10.2024
Galeria am Scheideweg: Das Ringen um die Zukunft der deutschen Warenhausikone
Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof steht erneut im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, denn das Unternehmen hat zum dritten Mal in nur wenigen Jahren Insolvenz angemeldet. Diese Entwicklung wirft ein Schlaglicht auf die prekäre Situation des deutschen Einzelhandels, insbesondere der großflächigen Warenhäuser, und ruft nach einer Auseinandersetzung mit den Ursachen dieses Niedergangs sowie den Perspektiven für die Zukunft. Peter Aggesen, der 46 Jahre lang im Wuppertaler Galeria-Kaufhaus tätig war, steht stellvertretend für Tausende von Mitarbeitern, die mit der Schließung ihrer Filialen konfrontiert sind. Der Abschied von einer langjährigen Wirkungsstätte ist ein emotionaler Moment, der nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Städte und Gemeinden vor Herausforderungen stellt. Die Schwierigkeiten für Galeria begannen vor über einem Jahrzehnt mit einer Serie von Restrukturierungen, Eigentümerwechseln und strategischen Fehlentscheidungen. Experten und Insider berichten von einer Geschichte geprägt von kurzfristigen Profitinteressen, mangelnden Investitionen und einem Verlust der Bindung an lokale Märkte und Kundenbedürfnisse. Die Übernahme der Warenhauskette durch verschiedene Investoren und Manager mündete nicht in einer nachhaltigen Verbesserung. Stattdessen wurden oft die Immobilienwerte der Filialen in den Vordergrund gestellt. Prominente Beispiele sind die Verkäufe von Filialen unter Thomas Middelhoff, die Ära Nicolas Berggruen, die wenig investitionsfreudig war und Mitarbeiter zu Gehaltsverzichten drängte, und die Zeit unter der Hudson’s Bay Company, die mit ihrem Markenportfolio am deutschen Markt vorbeizielt. Mit der Übernahme durch René Benkos Signa-Gruppe wurde zwar eine neue Ära eingeleitet, doch auch hier standen die Immobilien im Zentrum des Interesses. Die hohen Mieten, die Galeria an die Signa-Gruppe zahlen musste, und die coronabedingten Umsatzeinbrüche haben das Unternehmen in eine finanzielle Schieflage gebracht, die durch zwei Insolvenzen nicht behoben werden konnte. Die aktuelle Insolvenz könnte jedoch auch eine Chance sein. Unter der Führung des neuen CEOs Olivier Van den Bossche und der Unterstützung durch den Betriebsrat gab es Anzeichen einer operativen Besserung. So wurde berichtet, dass die Filialen mehr Einfluss auf das Sortiment erhielten und der Umsatz in den Monaten vor der Insolvenzanmeldung gestiegen sei. Die Suche nach einem neuen Investor läuft auf Hochtouren. Ein möglicher Investor müsste nicht nur finanzielle Mittel mitbringen, sondern auch eine Vision für die Zukunft der Warenhäuser haben, die an die veränderten Bedürfnisse der Kunden und an die digitale Transformation angepasst ist. Die Schließung von Filialen, wie die in Pforzheim und Siegburg, ist für die betroffenen Mitarbeiter ein harter Schlag. Viele von ihnen haben über Jahrzehnte in den Kaufhäusern gearbeitet und müssen sich nun nach neuen Arbeitsplätzen umsehen. Die ausbleibenden Abfindungen und die Ungewissheit über die Zukunft verstärken die Sorgen. Galeria Karstadt Kaufhof steht symbolisch für die Veränderungen im deutschen Einzelhandel. Die Warenhauskette, die einst zu den Glanzstücken der Innenstädte gehörte, muss sich neu erfinden, um in einer Welt des veränderten Konsumverhaltens und des wachsenden Online-Handels bestehen zu können. Es bleibt abzuwarten, ob und wie Galeria diese Transformation gelingen kann.
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