Der russische Gaskonzern Gazprom hat angekündigt, die Gaslieferungen an den österreichischen Energiekonzern OMV einzustellen. Wie die Plattform CEGH Remit am Freitag meldete, sollen die Lieferungen bereits am Samstagmorgen komplett eingestellt werden. Gazprom selbst lehnte eine Stellungnahme bisher ab. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete ebenfalls über die Ankündigung des Lieferstopps am 15. November 2024.
Als Hintergrund für diese drastische Maßnahme gilt ein laufender Rechtsstreit zwischen den beiden Unternehmen. Die OMV hatte kürzlich einen Schiedsspruch der Internationalen Handelskammer (ICC) errungen, der dem österreichischen Konzern einen Schadenersatz in Höhe von 230 Millionen Euro plus Zinsen für ausgebliebene Gaslieferungen in Deutschland zuspricht. Die OMV beabsichtigt, diesen Betrag mit den laufenden Gasrechnungen für Lieferungen nach Österreich zu verrechnen. Die FAZ berichtet, dass der Lieferstopp eine direkte Reaktion auf diesen Schiedsspruch sein könnte.
Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control gibt sich trotz der Ankündigung gelassen. E-Control-Vorstand Alfons Haber erklärte gegenüber der dpa, dass Österreich nicht mehr von russischen Gaslieferungen abhängig sei. Das Land habe sich alternative Lieferwege gesichert und die Gasspeicher seien zu über 90 Prozent gefüllt. Auch eine Versorgung mit Flüssiggas über Deutschland und Italien sei möglich. Haber versicherte: „Auch wenn Russland seine Lieferungen stoppt, werden weder in diesem noch im nächsten Winter die Wohnungen kalt.“ Ähnliche Aussagen zur Versorgungssicherheit Österreichs finden sich auch in Berichten von trend.at und der Kleinen Zeitung.
Die Unsicherheit über die russischen Gaslieferungen war in den letzten Wochen bereits gestiegen. Die OMV hatte eingeräumt, dass ein Lieferstopp als Reaktion auf das Schiedsverfahren denkbar sei, betonte aber gleichzeitig ihre gute Vorbereitung auf ein solches Szenario. Da die OMV der einzige Vertragspartner von Gazprom in Österreich ist und sämtliche Lieferungen am Knotenpunkt Baumgarten an der slowakischen Grenze abnimmt, wäre von einem Lieferstopp der gesamte österreichische Gasmarkt betroffen. Die OMV deckt etwa 30 Prozent des Gasbedarfs selbst und verkauft den Rest an andere Geschäftspartner, welche wiederum den privaten Sektor beliefern. Diese Information wurde unter anderem von der FAZ veröffentlicht.
Hinzu kommt, dass im Dezember die Verträge zwischen Kiew und Moskau über den Transit russischen Gases durch die Ukraine auslaufen. E-Control-Vorstand Haber rechnet laut dpa mit einem vorübergehenden Preisanstieg von etwa zehn Prozent, betont aber, dass die Auswirkungen nicht mit denen von 2022 vergleichbar seien, als die Gaspreise nach Kriegsbeginn explodierten. Kritisch sieht Haber die deutsche Speicherumlage für durchgeleitetes Gas nach Österreich, die trotz des Regierungswechsels in Deutschland offenbar nicht wie versprochen zum 1. Januar wegfallen wird. Diese Umlage mache rund sieben Prozent des Gaspreises in Österreich aus.
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