Georgien befindet sich in einer schweren politischen Krise und ringt um seine zukünftige Ausrichtung: Soll es sich Europa annähern oder verstärkt in die Abhängigkeit Russlands geraten? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete am 3. Dezember 2024 über die kritische Phase der proeuropäischen Proteste, die nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl Ende Oktober ausgebrochen sind.
Auslöser der anhaltenden Demonstrationen sind Vorwürfe der Wahlmanipulation und der zunehmende Autoritarismus der Regierungspartei „Georgischer Traum“. Präsidentin Salome Surabischwili, die sich von ihrer ehemaligen Partei distanziert hat, sprach von einer „russischen Spezialoperation“ und reichte beim Verfassungsgericht einen Antrag auf Annullierung des Wahlergebnisses ein. Die FAZ betont, dass die Loyalität von Polizei und Geheimdiensten zur Regierung für den weiteren Verlauf der Proteste entscheidend sein wird.
Der Wunsch der Bevölkerung nach europäischer Integration steht in starkem Kontrast zur Politik der Regierung, die sich zunehmend von der EU entfernt. Die Deutsche Welle (DW) beleuchtete in ihrer Dokumentation „Georgien am Scheideweg zwischen Russland und EU“ vom 23. Oktober 2024 die politische Stimmung im Land und zeigte die Einflussnahme sowohl von russischer als auch von europäischer Seite. Die DW begleitete verschiedene Bevölkerungsgruppen, von pro-europäischen Aktivisten bis hin zu Kleinbauern, und dokumentierte deren unterschiedliche Perspektiven auf Georgiens Zukunft.
Die Parlamentswahlen Ende Oktober, bei denen der „Georgische Traum“ die absolute Mehrheit erzielte, werden von der Opposition als gefälscht angesehen. Es gibt zudem Vorwürfe der russischen Einmischung, die die politische Krise weiter verschärfen. Wie die ARD am 20. Oktober 2024 im „Weltspiegel“ berichtete, zeigt die Regierungspartei auf ihren Wahlplakaten zwar die georgische Flagge neben der EU-Flagge, arbeitet aber gleichzeitig gegen einen EU-Beitritt, den die Mehrheit der Bevölkerung befürwortet.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) diskutierte die Situation in Georgien am 7. November 2024 in Berlin im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Nach den Wahlen. Kampf um die Demokratie in Georgien“. Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Up to East“, die sich mit den aktuellen Entwicklungen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa befasst. Die bpb unterstreicht damit die Bedeutung der politischen Lage in Georgien für die gesamte Region.
Der Spiegel berichtete am 25. Mai 2024 über die Eskalation der Proteste und die zunehmende Einschüchterung der Zivilgesellschaft durch die Regierung. Die zersplitterte Opposition versucht, bei den Wahlen einen Umschwung zu erreichen, doch die Frage nach der Freiheit und Fairness der Wahlen bleibt offen.
Watson.ch analysiert die historischen Hintergründe des Konflikts und beleuchtet die schwierige Beziehung Georgiens zu Russland, die durch die Sezessionsbestrebungen in Abchasien und Südossetien sowie den Kaukasuskrieg 2008 geprägt ist.
Die Süddeutsche Zeitung beschrieb am 25. Oktober 2024 die Wahlkampfstrategie der Regierungspartei, die die Opposition mit Krieg und Zerstörung gleichsetzt und sich selbst als Garant für Frieden und Wohlstand darstellt.
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Proteste in Tiflis: Russische Verhältnisse in Georgien?
- ARD Mediathek: Weltspiegel: Georgien: Am Scheideweg zwischen Russland und der EU
- Deutsche Welle: Vor Parlamentswahl in Georgien: DW zeigt Doku "Georgien am Scheideweg zwischen Russland und EU"
- Bundeszentrale für politische Bildung: Nach den Wahlen. Kampf um die Demokratie in Georgien
- Watson.ch: Georgien zwischen Russland und der EU
- Süddeutsche Zeitung: Parlamentswahl in Georgien: Ein Land am Scheideweg
- Spiegel Online: Georgien am Scheideweg: Eine Regierung gegen ihr Volk