Die Lebenserwartung in Deutschland liegt mit 81,2 Jahren erstmals unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berichtet, liegt der EU-weite Durchschnitt bei 81,5 Jahren. Deutschland liegt damit 0,3 Jahre darunter. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete ebenfalls über diese Entwicklung und verwies auf die OECD-Publikation. Spanien verzeichnet mit 84 Jahren die höchste Lebenserwartung, während Bulgarien mit 75,8 Jahren das Schlusslicht bildet.
Ein Grund für diese Entwicklung ist das langsamere Wachstum der Lebenserwartung in Deutschland in den vergangenen Jahren. Laut OECD-Daten befindet sich die Lebenserwartung in Deutschland in etwa auf dem Niveau von 2019, während der EU-Durchschnitt den Wert von 2019 übersteigt. Wie die Zeit Online unter Berufung auf die OECD und AFP berichtet, fiel der Einbruch der Lebenserwartung während der Coronapandemie in Deutschland jedoch geringer aus als in anderen EU-Ländern.
Deutschland führt die EU bei den Gesundheitsausgaben an. 2022 gab Deutschland 12,6 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Gesundheit aus, was etwa 5.300 Euro pro Einwohner entspricht. Das sind rund 50 Prozent mehr als der EU-Durchschnitt. 2023 sanken die Ausgaben auf 11,8 Prozent der Wirtschaftsleistung, bleiben aber EU-weit der höchste Anteil. Der EU-Durchschnitt liegt bei 10,4 Prozent. Österreich folgt mit 4.745 Euro pro Kopf auf Platz zwei hinter Deutschland. Rumänien verzeichnet mit 1.632 Euro pro Kopf die niedrigsten Ausgaben. Nur die Nicht-EU-Länder Schweiz und Norwegen haben höhere Pro-Kopf-Ausgaben als Deutschland, jedoch einen geringeren Anteil an der Wirtschaftsleistung.
Die steigende Lebenserwartung erfordert laut OECD zusätzliches medizinisches Personal. Mit 65 Jahren haben Menschen noch fast 20 Lebensjahre vor sich, von denen jedoch mehr als die Hälfte durch Krankheiten oder Behinderungen beeinträchtigt sind. In 20 europäischen Ländern herrscht Mangel an Ärzten, in 15 Ländern an Pflegepersonal. Wie die Ärzte Zeitung berichtet, ist der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitssysteme in den Industrieländern.
Bild.de berichtet ebenfalls über den Rückgang der Lebenserwartung in Deutschland unter den EU-Durchschnitt und betont die paradoxen hohen Gesundheitsausgaben. t-online hebt hervor, dass Deutschland den teuersten Gesundheitssektor der EU hat, die Lebenserwartung aber dennoch unter den Durchschnitt gefallen ist. Forschung und Wissen verweist auf die OECD-Studie und die Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen für die Gesundheit im Alter, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels.
Die Welt betont das Missverhältnis zwischen den hohen Gesundheitskosten und der unterdurchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland und verweist auf die OECD-Daten. Das Statistische Bundesamt (Destatis) bietet einen historischen Überblick über die Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland seit 1871/1881 und zeigt den langfristigen Trend der steigenden Lebenserwartung, der sich in den letzten Jahren verlangsamt hat.