27.10.2024
Grenzkontrollen im Fokus: Alltag an der deutsch-französischen Grenze

Durch den strömenden Regen kündigt das grelle Grün den Flixbus an, noch bevor er deutschen Boden erreicht. Über die Europabrücke in Kehl nähert sich der Bus den Grenzpolizisten, die bereits am Fuße der Brücke auf ihn warten. Überrascht scheint der Busfahrer nicht zu sein, als Polizeioberkommissar Luca Sellman die Polizeikelle hebt. Routine. Der Bus schert ein, die Fahrertür öffnet sich. Sellman und seine Kollegin, Polizeimeisterin Francesca Allgeier, betreten den Bus. Zürich sei der Ausgangspunkt seiner Reise, Linie 108, Endstation Frankfurt Hauptbahnhof, neun Passagiere, erklärt der Busfahrer.

Einer der Fahrgäste sitzt ganz vorn, er kommt aus Madagaskar. Sellman bittet um seinen Reisepass, klappt ihn auf, ein französischer Einreisestempel. „Wann verlassen Sie den Schengenraum wieder?“, fragt er. Der Fahrgast gibt an, kaum Deutsch zu sprechen, Französisch sei ihm lieber. Sellman zückt sein Handy, öffnet ein Übersetzungsprogramm. Währenddessen kontrolliert Allgeier die Pässe der übrigen Passagiere. In der ersten Reihe hält der madagassische Fahrgast Sellman sein Handy entgegen, auf dem Display leuchtet das Ticket für seinen Rückflug. Sellman nickt, bedankt sich. Drei Minuten später stehen die beiden Polizeibeamten wieder im Regen.

Allgeier und Sellman gehören der Bundespolizeidirektion Stuttgart an, Inspektion Offenburg. Ihr Zuständigkeitsbereich, in dem die Inspektion seit dem 16. September wieder Einreisekontrollen durchführt, erstreckt sich über eine 100 Kilometer lange Grenze zu Frankreich. Wann welche Streife wo unterwegs ist, wird nicht öffentlich gemacht. Fest steht aber: In Kehl, dem Grenzort, der durch die Europabrücke von Straßburg getrennt wird, sind fast immer Grenzbeamte im Einsatz.

„Die meisten Feststellungen haben wir nicht im Individualverkehr, sondern in anderen Verkehrsmitteln“, erklärt Jana Disch, Pressesprecherin der Bundespolizeiinspektion Offenburg. Wie die FAZ berichtet, beobachten die Polizisten illegale Einreisen mit Reisebussen immer seltener. Disch vermutet, dass öffentliche Verkehrsmittel für unerlaubte Grenzübertritte genutzt werden, weil sie günstiger sind.

In den ersten zwei Wochen nach dem 16. September wurden im Zuständigkeitsbereich Offenburg, also an den knapp 100 Kilometern baden-württembergischer Grenze zu Frankreich, 247 unerlaubte Einreisen festgestellt. In 141 Fällen wurde die Einreise nach Deutschland bereits vor Grenzübertritt verwehrt. Das sind fast zehn Zurückweisungen nach Frankreich – pro Tag. „Eigentlich passiert jeden Tag etwas“, sagt Disch.

Bundesweit wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres 53.410 unerlaubte Einreisen bei Kontrollen an den deutschen Landgrenzen registriert, wie die Zeit unter Berufung auf die Bundespolizei berichtet. 28.321 Menschen seien an den Landgrenzen zurückgewiesen worden. Die meisten Zurückweisungen gab es demnach an den Grenzen zur Schweiz (9.113 Personen), Polen (7.862), Österreich (5.468) und an der französischen Grenze (2.350). Am häufigsten abgewiesen wurden Ukrainer (5.935 Personen), Syrer (4.708) und Afghanen (2.396).

Grenzkontrollen sind im Schengenraum eigentlich nicht vorgesehen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begründete die Anordnung stationärer Kontrollen an allen Landgrenzen ab Mitte September mit irregulärer Migration sowie dem Schutz vor islamistischen Terroristen und grenzüberschreitender Kriminalität. Von der Ausweitung betroffen waren die Grenzen zu Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. An der Grenze zu Frankreich wurde zuvor bereits wegen der Olympischen Spiele in Paris kontrolliert. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es Kontrollen bereits seit Mitte Oktober vergangenen Jahres, an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden sie bereits im Herbst 2015 eingeführt.

Quellen:

- https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-die-grenzkontrollen-an-der-franzoesischen-grenze-ablaufen-110070496.html

- https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-10/grenzkontrollen-illegale-einreisen-zurueckweisungen-schleuser

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