Die deutsche Industrie setzt große Hoffnungen auf grünen Wasserstoff als Schlüssel zur Klimaneutralität. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) treibt die internationale Zusammenarbeit voran, wie sein Besuch in Indien und die dort vereinbarte „Roadmap“ für eine Wasserstoffkooperation zeigen, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtete. Doch die Frage nach ausreichenden Mengen zu wettbewerbsfähigen Preisen wirft zunehmend Zweifel auf.
Wasserstoff soll künftig dort zum Einsatz kommen, wo heute noch fossile Brennstoffe dominieren. Doch die Herstellung von grünem Wasserstoff, der ohne CO2-Emissionen auskommt, benötigt immense Mengen an Ökostrom. Da Deutschland diese Ressourcen nicht ausreichend selbst bereitstellen kann, wird ein Großteil des Bedarfs importiert werden müssen – Schätzungen des Wirtschaftsministeriums zufolge bis zu 70 Prozent. Wie die FAZ berichtet, genehmigte die Bundesnetzagentur zwar den Bau des Wasserstoffkernnetzes, doch die Frage der Wirtschaftlichkeit bleibt ungeklärt.
Eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) verdeutlicht die finanziellen Herausforderungen. Die aktuellen Wasserstoffpreise lassen eine rentable Anwendung in vielen Industriezweigen kaum zu. Einzig die Betankung von Lastwagen und Bussen scheint wirtschaftlich realisierbar. In der Stahlindustrie müsste der Preis für Wasserstoff drastisch sinken, damit sich Investitionen in neue Direktreduktionsanlagen lohnen, wie die FAZ berichtet. Ähnlich sieht es in der Produktion von Papier, Glas, Keramik und anderen Materialien aus. Die Studie des EWI prognostiziert eine erhebliche Finanzierungslücke, die sich bis 2045 auf bis zu 100 Milliarden Euro belaufen könnte.
Auch die Infrastruktur und die Nachfrage stellen Hürden dar. Dänemark hat den Bau einer geplanten Wasserstoffleitung nach Deutschland verschoben, und der norwegische Konzern Equinor gab seine Pläne für Wasserstoffexporte nach Deutschland auf, wie die FAZ berichtet. Der Gasimporteur Uniper beklagt mangelnde Nachfrage nach grünem Wasserstoff in Deutschland.
Ein zentrales Projekt für den Wasserstoffhochlauf ist die geplante Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) im Thyssenkrupp-Stahlwerk in Duisburg. Die Anlage soll einen Hochofen ersetzen und mit staatlicher Förderung von Bund und Land gebaut werden. Doch die finanzielle Situation von Thyssenkrupp wirft Fragen nach der Zukunft des Projekts auf. Spekulationen über einen möglichen Baustopp wurden zwar dementiert, doch die Unsicherheit bleibt, so die FAZ. Das Projekt gilt als entscheidend für den Wasserstoffhochlauf, da die Stahlindustrie einen erheblichen Teil der zukünftigen Wasserstoffnachfrage ausmachen wird.
Sollte die DRI-Anlage nicht realisiert werden, könnte dies den Wasserstoffhochlauf insgesamt beeinträchtigen. Alternativen wie der Import von grünem Eisenschwamm könnten dann wirtschaftlicher sein, was jedoch die Wertschöpfung in Deutschland reduzieren würde. Dennoch gibt es weitere Einsatzmöglichkeiten für Wasserstoff, die den Hochlauf vorantreiben könnten, so Frank Peter von Agora Energiewende in der FAZ.
Die Zukunft des grünen Wasserstoffs in Deutschland hängt von vielen Faktoren ab: der Entwicklung der Preise, dem Ausbau der Infrastruktur, der internationalen Zusammenarbeit und der Nachfrage aus der Industrie. Die Herausforderungen sind groß, doch die Bedeutung des grünen Wasserstoffs für die Energiewende bleibt unbestritten.
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