Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat am Freitag offiziell seine Kandidatur für das Kanzleramt bekannt gegeben. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, will er sich auf dem bevorstehenden Parteitag der Grünen in Wiesbaden offiziell zur Wahl stellen. Die Bekanntgabe erfolgte in einem Video, in dem Habeck am Küchentisch sitzt und sich direkt an die Wähler wendet. „Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen - für die Menschen in Deutschland“, so Habeck in dem Video, das unter anderem vom WDR zitiert wird. „Wenn Sie wollen, auch als Kanzler. Aber das ist nicht meine, das ist Ihre Entscheidung. Nur Sie können das entscheiden.“
Die Kandidatur Habecks kommt trotz aktuell schwacher Umfragewerte für die Grünen. Im ARD-DeutschlandTrend liegen die Grünen derzeit bei zwölf Prozent. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Stimmen aus der Partei, die Habecks Ambitionen angesichts dieser Zahlen kritisch sehen. Dennoch gilt Habeck parteiintern als unangefochtene Führungsfigur, nachdem Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen im Jahr 2021, bereits im Frühsommer ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur erklärt hatte. Wie die Tagesschau berichtet, hatte Habeck bereits im Vorfeld in den sozialen Medien Andeutungen auf seine Kandidatur gemacht. So postete er auf X (ehemals Twitter) ein Video, in dem er ein Armband mit dem Schriftzug „Kanzler Era“ trägt.
Der Zeitpunkt der Bekanntgabe fällt mit dem Ende der Ampel-Koalition und der Ankündigung von Neuwahlen zusammen. Wie der Stern berichtet, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch Finanzminister Christian Lindner entlassen, was zum Bruch der Koalition führte. Die Grünen wollen nun mit Habeck als Kanzlerkandidaten in den Wahlkampf ziehen, obwohl die Partei in den letzten Landtags- und Europawahlen herbe Verluste hinnehmen musste. Die Süddeutsche Zeitung berichtet von parteiinternen Diskussionen über Habecks wachsenden Einfluss und die „drohende Übernahme“ der Parteizentrale durch den Wirtschaftsminister.
Habeck selbst betont in seinem Video die Notwendigkeit eines Neuanfangs und wendet sich an die Wähler mit dem Angebot, ihnen zuzuhören und ihre Anliegen ernst zu nehmen. Er spricht von „Küchentischgesprächen“, die er in seinen Alltag integrieren möchte, um den direkten Kontakt zu den Menschen zu suchen. Wie die Tagesschau berichtet, will Habeck den Wahlkampf auf seine Person zuschneiden und hofft, mit seiner Popularität und Überzeugungskraft die Wähler zurückgewinnen zu können.
Die Zeit sieht in Habeck den „klügsten und reflektiertesten“ Kandidaten im aktuellen Feld, merkt aber an, dass er angesichts der derzeitigen politischen Lage vor einer schwierigen Mission steht. Die Süddeutsche Zeitung verweist auf das umstrittene Heizungsgesetz, das Habeck als Wirtschaftsminister verantwortete und das in der Öffentlichkeit für viel Kritik sorgte. Es bleibt abzuwarten, ob es Habeck gelingt, die Grünen aus dem Umfragetief zu führen und die Wähler von seiner Kanzlertauglichkeit zu überzeugen.
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