19.10.2024
Die Herausforderungen der Demokratie in der Slowakei: Ein Blick auf Michal Hvorecký und die Kulturpolitik

Der Schriftsteller Michal Hvorecký und die Repressionen in der Slowakei

Der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecký sieht die Freiheit und Demokratie in seinem Heimatland in Gefahr. Im Zentrum der Kritik steht dabei die aktuelle Kulturministerin Ľubica Laššáková, die Hvorecký in einem Artikel für die Zeitung „Denník N“ als „Neofaschistin“ bezeichnet hatte. Dieser Vorwurf könnte für den Autor nun ernste Konsequenzen haben, denn Laššáková erstattete daraufhin Anzeige wegen Verleumdung. In der Slowakei drohen dafür bis zu fünf Jahre Haft.

In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 06.10.2024 verteidigt Hvorecký seine Aussage und begründet seine Kritik an der Kulturministerin. Seiner Meinung nach sei die von Laššáková vertretene Partei SNS nicht nur nationalistisch, sondern vertrete eine völkische Ideologie, verbreite Verschwörungsmythen und zeige Verständnis für Putin. Diese Haltung spiegele sich auch in der Politik der Kulturministerin wider, die seit ihrem Amtsantritt vor allem durch die Entlassung von Direktoren wichtiger Kulturinstitutionen aufgefallen sei. So seien unter anderem die Leiter der Kunsthalle Bratislava, des Kinderkulturzentrums Bibiana, der slowakischen Nationalbibliothek, des Nationaltheaters und der Nationalgalerie entlassen worden. An ihre Stelle seien zum Teil Personen berufen worden, die keinerlei Erfahrung im Kulturbereich vorweisen könnten, so Hvorecký.

Die Entlassungswelle im Kulturbereich ist nur ein Beispiel für die besorgniserregende Entwicklung in der Slowakei, die Hvorecký im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ beschreibt. So sei die Regierung bestrebt, die Justiz zu kontrollieren und Kritiker mundtot zu machen. Auch die Medienlandschaft werde zunehmend eingeschränkt. Hvorecký selbst sieht sich durch die Strafanzeige in seiner Arbeit behindert und befürchtet weitere Repressalien gegen sich und andere kritische Stimmen im Land.

Die Sorge um die Zukunft der Demokratie in der Slowakei teilt Hvorecký mit vielen seiner Landsleute. Im August 2024 kam es in Bratislava zu zwei großen Demonstrationen gegen die Regierung. Die erste Demonstration wurde von der Initiative „Offene Kultur“ organisiert, deren Mitbegründer Hvorecký ist. Erwartet wurden 1.000 Teilnehmer, gekommen sind 9.000. Am Tag darauf demonstrierten 20.000 Menschen auf einer Kundgebung der Oppositionspartei PS. Bei beiden Demonstrationen war die Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit ein zentrales Thema. Eine Petition der Initiative „Offene Kultur“, die den Rücktritt der Kulturministerin forderte, wurde innerhalb kürzester Zeit von 187.000 Menschen unterzeichnet.

Im September 2024 rief die Initiative „Offene Kultur“ zu einem Kulturstreik auf, an dem sich zahlreiche Kultureinrichtungen in 14 Städten beteiligten. Im Rahmen des Streiks fanden vor Theatervorstellungen, Vernissagen und Opernaufführungen kurze Ansprachen statt, in denen das Publikum über die Situation im Land informiert wurde. Neben dem Rücktritt der Kulturministerin und ihres Generalsekretärs fordert die Initiative transparente und faire Bewerbungsprozesse in allen Kulturinstitutionen sowie ein Ende der Zensur in den staatlich kontrollierten Medien.

Die Repressionen gegen Künstler und Intellektuelle in der Slowakei sind Teil einer besorgniserregenden Entwicklung in vielen Teilen Europas. Immer öfter sehen sich Regierungen dazu veranlasst, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und die Freiheit von Kunst und Kultur einzuschränken. Die Ereignisse in der Slowakei zeigen, wie wichtig es ist, dass sich die Zivilgesellschaft gegen diese Entwicklungen zur Wehr setzt und für den Erhalt demokratischer Grundwerte eintritt.

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