16.10.2024
Historischer Disput zwischen Macron und Netanjahu

Israels Regierungschef und Frankreichs Staatspräsident haben sich schon wiederholt öffentlich kritisiert. Jetzt streiten sie sogar über historische Fragen. Nach einem Telefonat ist Benjamin Netanjahu empört, wie die F.A.Z berichtet.

Im Streit über israelische Angriffe auf UN-Friedenstruppen im Libanon verschärft sich der Ton zwischen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. In einem Telefonat hatte Macron nach Angaben des Élysée-Palasts seine Empörung über die Angriffe vorgebracht. Israel müsse sofort aufhören, die Blauhelmsoldaten zum Ziel zu nehmen. Dies sei nicht zu rechtfertigen.

Israel betont, es nehme keinesfalls UN-Truppen zum Ziel und wirft wiederum der libanesischen Hisbollah vor, diese als Schutzschilde zu missbrauchen.

Französische Medien berichteten zudem von einer Mahnung Macrons in Richtung Netanjahu: Dieser solle nicht vergessen, dass Israel durch eine Entscheidung der UN gegründet worden sei, sagte Macron den Berichten zufolge bei einer Kabinettssitzung. Es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sich von den Entscheidungen der Vereinten Nationen zu distanzieren. Französische Medien bezogen sich bei der Aussage auf Teilnehmer der Sitzung, der Élysée-Palast äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht.

Netanjahu reagierte empört auf Macrons Bemerkung und veröffentliche eine scharf formulierte „Erinnerung für den Präsidenten Frankreichs“. Der Staat Israel sei nicht durch eine UN-Resolution geschaffen worden, „sondern durch den Sieg, der im Unabhängigkeitskrieg mit dem Blut heldenhafter Kämpfer errungen wurde, von denen viele Überlebende des Holocaust waren, darunter auch des Vichy-Regimes in Frankreich“, betonte Netanjahu und zog so einen Bogen zu Frankreichs Mitverantwortung für die Shoah.

1947 hatte die UN-Generalversammlung einen Teilungsplan für Palästina verabschiedet, der einen jüdischen und einen arabischen Staat zwischen Mittelmeer und Jordan vorsah. Dazu kam es nicht, die arabischen Nachbarstaaten erkannten den Plan nicht an. Am 14. Mai 1948 verkündete David Ben-Gurion die Gründung des modernen Staats Israels, in der darauffolgenden Nacht überfielen die arabischen Nachbarn Israel. Der Krieg endete im Januar 1949 mit dem militärischen Sieg Israels.

Der Vorsitzende des jüdischen Dachverbands in Frankreich kritisierte Macrons Haltung. „Wenn diese Bemerkungen stimmen, dann handelt es sich sowohl um einen historischen als auch einen politischen Fehler“, schriebt der Vorsitzende des Dachverbands Yonathan Arfi im Onlinedienst X. Sie bedeuteten, „die hundertjährige Geschichte des Zionismus und die Opfer von Tausenden zu missachten“, fügte er hinzu. Zudem unterstützten solche Bemerkungen diejenigen, die das Existenzrecht Israels bestritten, erklärte Arfi.

dpa/AFP/shem

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