Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag befasst sich aktuell mit einem wegweisenden Fall: Die 15 höchsten Richter der Vereinten Nationen sollen ein Gutachten dazu erstellen, inwieweit Staaten völkerrechtlich zum Klimaschutz verpflichtet sind und ob sie für klimawandelbedingte Schäden, besonders in ärmeren Ländern, haften müssen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wird das Gutachten, das weltweit erhebliche Auswirkungen auf Klimaprozesse haben könnte, im nächsten Jahr erwartet. 98 Staaten und 12 Organisationen werden in den kommenden zehn Tagen ihre Argumente präsentieren. Deutschland wird am Montag seine Stellungnahme abgeben. Auch die größten Treibhausgasemittenten, die USA und China, werden bis zum 13. Dezember ihre Positionen darlegen (FAZ, 02.12.2024).
Die UN-Generalversammlung beauftragte den IGH im vergangenen Jahr mit der Erstellung des Gutachtens. Obwohl dieses nicht bindend ist, könnte es, so stern.de, für ähnliche Verfahren weltweit von großer Bedeutung sein und Staaten zu verstärkten Klimaschutzmaßnahmen anhalten (stern.de, 02.12.2024). Die Richter, die bereits Beratungen mit Klimawissenschaftlern geführt haben, schreiben mit diesem Fall internationale Rechtsgeschichte. Zwei zentrale Fragen stehen im Mittelpunkt: Welche völkerrechtlichen Verpflichtungen haben Staaten zum Schutz von Umwelt und Klima vor schädlichen Treibhausgasemissionen? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihrem Handeln oder Nichthandeln? Können Staaten für Schäden haftbar gemacht werden?
Die Initiative für das Gutachten kam von der kleinen Inselgruppe Vanuatu, die, wie dpa-AFX meldet, zusammen mit anderen stark vom Klimawandel betroffenen Ländern Entschädigungszahlungen von den reichen Staaten fordert (FAZ, 02.12.2024). Vanuatu argumentiert, dass es durch die Folgen des Klimawandels, wie heftige Stürme und den steigenden Meeresspiegel, überproportional stark belastet ist. Die Inselgruppe wird am Montag als erstes Land ihre Stellungnahme vor den Richtern vortragen.
Der IGH in Den Haag wurde ursprünglich zur Beilegung von Konflikten zwischen Staaten gegründet. Er kann jedoch auch von der UN-Generalversammlung beauftragt werden, Gutachten zu internationalen Fragen zu erstellen. Für kleine und arme Staaten wie Vanuatu verlief die jüngste Weltklimakonferenz in Aserbaidschan enttäuschend. Zwar einigte man sich nach schwierigen Verhandlungen auf Hilfen für ärmere Länder in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar jährlich bis 2035, jedoch blieben Fortschritte beim Klimaschutz selbst aus. Die ärmeren Staaten kritisierten die Ergebnisse als unzureichend und setzen nun ihre Hoffnungen auf die höchsten UN-Richter.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied am 24. März 2021, dass der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) auch den Schutz vor Umweltbelastungen, unabhängig von deren Ursprung, umfasst. Der Staat ist somit verpflichtet, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen, auch im Hinblick auf zukünftige Generationen. Artikel 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz, einschließlich der Erreichung von Klimaneutralität. Das BVerfG betont jedoch, dass Art. 20a GG im Konfliktfall mit anderen Verfassungsrechtsgütern abgewogen werden muss, wobei die Bedeutung des Klimaschutzes mit fortschreitendem Klimawandel zunimmt.
Das Kyoto-Protokoll von 1997, der erste völkerrechtlich verbindliche Vertrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, verpflichtete die Industrieländer zu konkreten Reduktionszielen. Entwicklungsländer hatten aufgrund ihrer damals geringeren Gesamtemissionen noch keine verbindlichen Ziele. Das Pariser Abkommen von 2015 strebt an, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius, im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wie das Umweltbundesamt (UBA) erläutert, verpflichten sich die Staaten im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) zum globalen Klimaschutz und zur regelmäßigen Berichterstattung über ihre Emissionen und Minderungsmaßnahmen.
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