September 10, 2024
Indien auf dem Weg zur globalen Wirtschafts- und Sicherheitsmacht

Auswärtiges Amt: Ein selbstbewusster Gast aus Indien

Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar hat kürzlich an einer Wirtschaftskonferenz in Berlin teilgenommen, wo er von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock empfangen wurde. Bei seinem Auftritt betonte Jaishankar die fortschrittlichen Entwicklungen in Indien und warb für eine engere Zusammenarbeit zwischen Indien und Deutschland, trotz bestehender Differenzen, insbesondere in Bezug auf Indiens Beziehungen zu Russland.

Um die Veränderungen in Indien zu verdeutlichen, präsentierte Jaishankar beeindruckende Wirtschaftskennzahlen. Er berichtete, dass Indiens Wirtschaftsleistung mittlerweile fast vier Billionen Dollar beträgt und das Land mit einer Wachstumsrate von acht Prozent pro Jahr rechnet. Dies sind Zahlen, die in der Vergangenheit vor allem mit China assoziiert wurden. Der Minister hob hervor, dass Indien jährlich acht neue Flughäfen und ein bis zwei U-Bahn-Systeme eröffnet sowie täglich 28 Kilometer Autobahn und zehn Kilometer Schienen baut. Diese Infrastrukturprojekte sind Teil einer umfassenden Modernisierung, die auch die digitale Technologie umfasst, in der Indien als drittgrößtes Land der Welt in Bezug auf die Anzahl der Start-ups gilt.

Jaishankar wies darauf hin, dass Indien heute als ein Land der Mondlandungen, Mars-Missionen, Impfstoffproduktion und Halbleiter bekannt ist. Diese Errungenschaften stehen im Kontrast zu den Herausforderungen, mit denen Deutschland konfrontiert ist, insbesondere in Bezug auf die Planungsbeschleunigung und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die durch einen schwächelnden Export nach China verstärkt werden.

Für deutsche Unternehmen klingt das, was Indien zu bieten hat, vielversprechend. Jaishankar berichtete von zwölf neuen Industriezonen, die im Land ausgewiesen wurden, sowie von Plänen zur Erweiterung von Häfen und Eisenbahnnetzen. Auch die Luftfahrtindustrie, erneuerbare Energien und Elektromobilität stehen auf der Agenda. Indien möchte sich nicht nur als wachsenden Markt präsentieren, sondern auch als attraktiven Produktionsstandort.

Indien bietet verlässliche Lieferketten und sieht sich als zuverlässigen Partner in der digitalen Ära. Dies wird als strategischer Schritt betrachtet, um sich von der Abhängigkeit von China zu lösen, der lange Zeit als bevorzugter Partner galt. Die indische Regierung sieht im Handels- und Investitionsvolumen mit Deutschland und der EU noch erhebliches Potenzial.

Jaishankar stellte jedoch auch klar, dass die Erwartungen an eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland im Bereich Sicherheit und Verteidigung steigen. Indien möchte seine Verteidigungsindustrie modernisieren und sucht verstärkt nach Kooperationen, insbesondere in der Rüstungsindustrie. Während Russland lange Zeit der wichtigste Partner in diesem Bereich war, gibt es nun ein wachsendes Interesse westlicher Staaten, diese Abhängigkeit zu verringern, insbesondere im Kontext des Ukraine-Konflikts. Indien modernisiert seine Streitkräfte, wobei die USA und Frankreich bereits bedeutende Partner sind. Deutschland hingegen hofft auf Aufträge, insbesondere im Bereich U-Boote.

In Bezug auf den Krieg in der Ukraine äußerte sich Jaishankar ebenfalls. Er betonte, dass Indien der Überzeugung ist, dass Konflikte nicht durch militärische Auseinandersetzungen gelöst werden können. Wenn Verhandlungen stattfinden, müsse Russland einbezogen werden. Diese Position steht im Einklang mit Indiens diplomatischem Ansatz, der darauf abzielt, Differenzen durch Dialog und Zusammenarbeit zu überwinden.

Baerbock unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien, auch wenn nicht in allen Fragen Einigkeit herrscht. Sie verwies auf die wachsende Zahl indischer Studierender in Deutschland, die mittlerweile die größte Gruppe ausländischer Studierender ausmachen. Diese Entwicklung ist Teil einer Migrations- und Mobilitätspartnerschaft, die vor zwei Jahren initiiert wurde.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Besuch von Jaishankar in Berlin ein Zeichen für die wachsende Bedeutung Indiens auf der globalen Bühne ist. Die indische Regierung zeigt sich selbstbewusst und strebt nach einer stärkeren Zusammenarbeit mit Deutschland, insbesondere in wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Belangen. Die Herausforderungen, die sich aus geopolitischen Spannungen ergeben, werden dabei nicht ignoriert, sondern aktiv angegangen.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Auswärtiges Amt

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