Der algerisch-französische Schriftsteller Boualem Sansal (75), Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2011, wurde am 16. November 2024 am Flughafen Algier festgenommen. Dies berichten übereinstimmend verschiedene Medien. Sansal ist ein ausgesprochener Kritiker des politischen Islam und der algerischen Regierung. Der Tagesspiegel meldet, dass er sich seit seiner Festnahme in Haft befindet. Die genauen Gründe für die Inhaftierung bleiben unklar. Möglicherweise stehen sie im Zusammenhang mit Äußerungen Sansals zum Westsahara-Konflikt in einem Interview mit dem rechtsextremen YouTube-Kanal „Frontières“. Darin kritisierte er die Grenzziehung zwischen Algerien und Marokko aus der Zeit der französischen Kolonialherrschaft. Deutschlandfunk Kultur berichtet, Sansal werde die Gefährdung der staatlichen Sicherheit vorgeworfen.
Sansals literarisches Werk, das von "Der Schwur der Barbaren" (1999) über "Das Dorf des Deutschen" (2008) bis hin zu "2084: Das Ende der Welt" reicht, setzt sich kritisch mit dem politischen Islam auseinander. Auch in Reden und Essays äußerte er sich wiederholt kritisch zur Politik seines Heimatlandes. Der Spiegel zitiert die staatliche algerische Presseagentur APS, die die Festnahme bestätigt, Sansal jedoch als „Marionette des algerischen Revisionismus“ bezeichnet. Dem NDR zufolge äußerte Sansals deutsche Verlegerin Katharina Eleonore Meyer, Sansal habe bereits im vergangenen Jahr gesagt, er könne „in Algerien nicht mehr atmen“.
Die Festnahme ereignet sich inmitten diplomatischer Spannungen zwischen Frankreich und Algerien. Diese haben sich verschärft, seit Paris den marokkanischen Autonomieplan für die Westsahara akzeptiert hat. Algerien unterstützt die für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpfende Frente Polisario. Der Spiegel berichtet, Algerien habe daraufhin seinen Botschafter aus Frankreich abgezogen. Sansal besitzt neben der algerischen seit kurzem auch die französische Staatsbürgerschaft.
Zahlreiche Schriftsteller, darunter mehrere Literaturnobelpreisträger wie Orhan Pamuk, Annie Ernaux und Wole Soyinka, haben laut Kurier eine Petition für Sansals Freilassung unterzeichnet und fordern seine sofortige Entlassung. Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und Sansals deutscher Verlag Merlin appellieren an die deutsche Regierung, sich für seine Freilassung einzusetzen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass sich neun weitere Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, darunter Herta Müller und Anne Applebaum, sowie mehrere Laudatoren des Preises für Sansals Freilassung ausgesprochen haben. Sie sehen in der Festnahme einen Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Wie der Spiegel berichtet, äußerte Sansals Anwalt François Zimeray im französischen Radiosender RTL die Befürchtung, Sansal könne eine lange Haftstrafe drohen. Er betonte die Notwendigkeit eines fairen Verfahrens. Auch der Verlag Gallimard, der Sansals Werke in Frankreich veröffentlicht, zeigte sich besorgt und forderte die sofortige Freilassung des Schriftstellers.