19.10.2024
Julian Assanges Schicksal vor dem High Court: Ein Kampf um Freiheit und Presseethik
Im Herzen der britischen Hauptstadt, vor dem imposanten neogotischen Gebäude der Royal Courts of Justice, herrscht eine gespannte Atmosphäre. Demonstranten haben sich versammelt, viele von ihnen halten Schilder hoch, auf denen "Freiheit für Julian Assange" steht. Die Blicke der Weltöffentlichkeit richten sich auf den High Court in London, der über das Schicksal des Wikileaks-Gründers Julian Assange zu entscheiden hat. Seit fast fünf Jahren sitzt Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Der gebürtige Australier, dessen Enthüllungsplattform Wikileaks einst geheime Dokumente über die Militäreinsätze der USA im Irak und in Afghanistan veröffentlichte, kämpft gegen seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten. Dort wird ihm vorgeworfen, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material gestohlen und veröffentlicht zu haben, was das Leben von US-Informanten gefährdet haben soll. Die Anklagepunkte in den USA wiegen schwer: Spionage und die Verletzung des Anti-Spionage-Gesetzes stehen im Raum. Sollte Assange verurteilt werden, könnte ihm eine Strafe von bis zu 175 Jahren Haft drohen. Seine Unterstützer und Menschenrechtsorganisationen weltweit sehen in ihm jedoch einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen aufdeckte und für Informationsfreiheit eintrat. Für sie ist die Strafverfolgung Assanges politisch motiviert. Die Anhörung vor dem High Court ist möglicherweise Assanges letzte Chance, auf britischen Boden gegen die Auslieferung vorzugehen. Seine Anwälte argumentieren unter anderem, dass ihr Mandant für "normale journalistische Tätigkeiten" strafrechtlich verfolgt werde und seine Auslieferung im Widerspruch zum Abkommen zwischen den USA und Großbritannien stehe, welches die Überstellung politischer Gefangener verbietet. Hinzu kommt die Sorge um Assanges Gesundheit, die sich laut seiner Frau Stella im Gefängnis zunehmend verschlechtert. Die Anhörung, die ohne die persönliche Anwesenheit Assanges stattfindet – er fühlte sich unwohl – ist ein weiteres Kapitel in einem jahrelangen juristischen Tauziehen, das politische und ethische Fragen aufwirft. Es geht um die Grenzen der Pressefreiheit, die Rolle von Whistleblowern und die Reichweite des US-Justizsystems. In den USA wird Assanges Handeln als Gefährdung nationaler Sicherheitsinteressen gewertet. Die Veröffentlichung der Dokumente durch Wikileaks hat eine heftige Debatte über Transparenz und Geheimhaltung ausgelöst. Assange selbst sieht sich als Opfer einer politischen Hexenjagd, die darauf abzielt, andere Whistleblower abzuschrecken. Sollte der High Court in London entscheiden, dass alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind, bleibt Assange nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dort könnte sein Team umgehend einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung stellen, um eine sofortige Auslieferung zu verhindern. Doch die Zeit drängt und die britische Regierung könnte eine solche Anordnung potenziell ignorieren. Die Welt blickt also auf den High Court in London und wartet auf eine Entscheidung, die nicht nur das Leben eines Mannes, sondern auch die Interpretation von Pressefreiheit und journalistischer Arbeit für die Zukunft prägen könnte.
Weitere
Artikel