19.10.2024
Verschärfte Kreditvergabe in Deutschland: Unternehmen spüren den Druck

KfW Research: Banken sind bei Kreditvergabe restriktiver

Die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland zeigt einmal mehr, dass die Kreditvergabe durch Banken zunehmend restriktiver wird. Eine jüngste Untersuchung von KfW Research, die auf der KfW-ifo-Kredithürde basiert, illustriert die Herausforderungen, denen Unternehmen bei Finanzierungsverhandlungen gegenüberstehen. Besonders erschwerend ist die Situation für Großunternehmen, die sogar stärkere Kredithindernisse als in der Energiekrise 2022 erleben.

Ergebnisse der KfW-ifo-Kredithürde

Die KfW-ifo-Kredithürde, die vierteljährlich erhoben wird, spiegelt die Einschätzungen der Unternehmen hinsichtlich des Verhaltens der Banken in Kreditverhandlungen wider. Im zweiten Quartal 2024 berichtete jedes vierte Unternehmen von Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme. Besonders bemerkenswert ist der Anstieg des Anteils der Großunternehmen, die über schwierige Kreditverhandlungen berichteten. Dieser Anteil stieg im Vergleich zum ersten Quartal um 5,1 Prozentpunkte auf 25,8 % und übertraf damit sogar den Rekordstand während der Energiekrise 2022.

Unterschiede nach Unternehmensgröße

Die Erhebung zeigt deutliche Unterschiede zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Großunternehmen. Während 27,8 % der KMU das Verhalten der Banken als restriktiv einstuften, was einem Anstieg von 1,5 Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal entspricht, waren es bei den Großunternehmen 25,8 %. Trotz dieser Herausforderungen ist das Interesse an Krediten bei beiden Unternehmensgrößen gestiegen. Bei den KMU sprach 21,2 % über eine Finanzierung mit ihrer Bank, was einem leichten Anstieg von 0,7 Prozentpunkten entspricht. Bei den Großunternehmen lag der Anteil kreditinteressierter Unternehmen bei 32,9 %, ein Anstieg von 0,4 Prozentpunkten.

Gründe für die restriktive Kreditvergabe

Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, erklärt die Zurückhaltung der Banken mit der ins Stocken geratenen konjunkturellen Erholung. Banken sind vorsichtiger geworden, was sich direkt auf die Kreditvergabe auswirkt. Die anhaltend schwachen wirtschaftlichen Aussichten tragen ebenfalls zur restriktiven Haltung der Banken bei. Erst wenn sich die konjunkturelle Lage stabilisiert, ist mit einer Zunahme der Investitionsbereitschaft und damit auch der Kreditnachfrage zu rechnen.

Heterogene Entwicklungen in den Wirtschaftsbereichen

Die Kreditvergabe gestaltet sich über die verschiedenen Wirtschaftsbereiche hinweg unterschiedlich. Die Einschätzungen variieren je nach Sektor erheblich:

- Im Verarbeitenden Gewerbe und im Großhandel meldeten die Mittelständler eine deutliche Lockerung der Kredithindernisse. - Im Einzelhandel hingegen stieg die Kredithürde, was auf die Konsumzurückhaltung der Haushalte zurückzuführen ist.

Die Banken agieren hier besonders vorsichtig, um Risiken zu minimieren.

Kreditnachfrage und -angebot

Die Nachfrage nach Krediten hat sich je nach Größe der Unternehmen unterschiedlich entwickelt. Während bei den Großunternehmen der Anteil der kreditinteressierten Firmen auf 32,9 % stieg, blieb die Nachfrage bei den KMU mit einem leichten Anstieg auf 21,2 % unterdurchschnittlich. Diese Seitwärtsbewegung hält nun schon seit zwei Jahren an und zeigt, dass KMU weiterhin zurückhaltend bei der Aufnahme von Bankdarlehen sind.

Auf der Angebotsseite zeigt sich, dass die Banken ihre Kreditkonditionen kaum noch verschärfen. Die Ablehnungsquote von kreditinteressierten Unternehmen blieb nahezu unverändert. Die Banken sehen insbesondere in der deutschen Konjunkturschwäche und der Kreditwürdigkeit der Unternehmen hemmende Faktoren für die Kreditvergabe. Ein konjunktureller Aufschwung der deutschen Wirtschaft könnte die Banken jedoch dazu veranlassen, ihre strengen Vorschriften zu überdenken.

Zukunftsaussichten und Schlussfolgerungen

Die Aussichten für eine nachhaltige Erholung des Kreditneugeschäfts haben sich zwar verbessert, jedoch geht es nur langsam bergauf. Laut Dr. Fritzi Köhler-Geib wird erst eine verstetigte wirtschaftliche Aufhellung und eine spürbare Reduktion der Finanzierungskosten zu einem positiven Wachstum des Kreditneugeschäfts führen. Es wird erwartet, dass dies erst im zweiten Halbjahr 2024 eintreffen könnte.

Die Planungssicherheit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ereignisse wie die Parlamentswahlen in Frankreich, die US-Präsidentschaftswahlen im November oder die Entwicklungen von Handelskonflikten könnten das Investitionsinteresse der Unternehmen beeinflussen und damit auch deren Finanzierungsbedarfe.

Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass die Unternehmen in Deutschland derzeit vor erheblichen Herausforderungen bei der Kreditaufnahme stehen. Während sich einige Sektoren erholen, bleibt die allgemeine Lage angespannt. Eine nachhaltige Verbesserung der Kreditvergabebedingungen ist eng mit der konjunkturellen Entwicklung verbunden und wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert und verbessert.

Kontaktinformationen

Für weitere Informationen und Medienanfragen wenden Sie sich bitte an:

- Frau Nina Luttmer - Pressestelle KfW Bankengruppe - +49 69 7431 41336 - nina.luttmer@kfw.de - Frau Christine Volk - Pressestelle KfW Bankengruppe - +49 69 7431-3867 - Christine.Volk@kfw.de

Weitere Informationen zur aktuellen KfW-ifo-Kredithürde finden Sie unter: KfW-ifo-Kredithürde

Weitere
Artikel