Der deutsche Aktienmarkt, insbesondere der DAX, wirkt im internationalen Vergleich preiswert. Wie die FAZ am 03.12.2024 berichtete, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des DAX aktuell bei 13, während der S&P 500 bei 29 und Nvidia sogar bei 50 notiert. Dieser scheinbar attraktive Unterschied verleitet viele Anleger dazu, nach Schnäppchen zu suchen. Ein niedriges KGV birgt jedoch auch Gefahren.
So kann ein niedriges KGV auf eine sogenannte "Wertfalle" hindeuten. Der Aktienkurs erscheint günstig, obwohl der tatsächliche Wert des Unternehmens möglicherweise deutlich geringer ist. Die FAZ erläutert, dass die Schwierigkeit, solche Fallen zu identifizieren, dadurch verschärft wird, dass am Aktienmarkt die Zukunft gehandelt wird. Das "G" im KGV bezieht sich meist auf die Gewinnprognose für die nächsten zwölf Monate – eine Schätzung, die naturgemäß unsicher ist.
Beispiele für deutsche Aktien mit niedrigen KGVs sind Unternehmen wie VW, Bayer, Mercedes, BMW, Traton, Pro Sieben, Thyssen oder Heidelberger Druckmaschinen. Diese Firmen stecken inmitten von Umstrukturierungen und kämpfen mit strukturellen Herausforderungen. Ihre zukünftige Entwicklung ist schwer einzuschätzen. Diese Unsicherheit spiegelt sich im niedrigeren Aktienkurs wider. Bernhard Matthes, der das Anlagevermögen der Bank für Kirche und Caritas in Paderborn verwaltet, warnt laut FAZ (03.12.2024) vor Investitionen in Unternehmen mit Strukturproblemen, unabhängig davon, wie günstig die Aktien erscheinen. Er verweist auf die Börsenweisheit: "Die meisten Turnarounds scheitern".
Ausnahmen wie das erfolgreiche Comeback von Apple nach einer Krise bestätigen die Regel. Die FAZ (03.12.2024) erinnert daran, dass ein Blick auf die DAX-Gründungsmitglieder von 1988 zeigt, wie viele Unternehmen vom Markt verschwunden sind und Anlegern erhebliche Verluste eingebracht haben.
Dass der DAX dennoch Rekordstände erreicht, ist auf wenige Aktien wie SAP, Deutsche Telekom, Deutsche Börse, Munich Re und Hannover Rück zurückzuführen. Ironischerweise zählt SAP laut FAZ (03.12.2024) mittlerweile mit einem KGV von 36 (basierend auf der Gewinnschätzung für 2025) zu den teuersten DAX-Werten. Auch die Deutsche Telekom, die Deutsche Börse und Rheinmetall werden überdurchschnittlich bewertet.
Bernhard Matthes (FAZ, 03.12.2024) betont, dass Unternehmen mit guten, langfristig stabilen und wachsenden Gewinnen selten und dementsprechend teuer sind. Er rät davon ab, sich ausschließlich auf die Auswahl einzelner Aktien zu konzentrieren, da nur wenige Titel langfristig den Index übertreffen. Ein niedriges KGV allein reicht nicht als Kaufargument aus. Auch eine hohe Dividendenrendite kann täuschen, da Unternehmen in Schwierigkeiten die Dividende oft kürzen oder streichen, wodurch der Anleger zusätzlich zu Kursverlusten weitere Einbußen erleidet. Die FAZ nennt Knaus Tabbert als Beispiel, dessen Produktion aufgrund voller Lager stillsteht und dessen zukünftige Dividendenzahlungen ungewiss sind.
Um den tatsächlichen Wert einer Aktie zu bestimmen, sollten neben dem KGV weitere Kennzahlen wie die langfristige Dividendenentwicklung, die Bilanz und der operative Cashflow analysiert werden. Das Kurs-Cashflow-Verhältnis, das den Aktienkurs zum Cashflow je Aktie in Relation setzt, gilt oft als aussagekräftiger als das KGV, da der Cashflow weniger anfällig für Bilanzmanipulationen ist. Auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis bietet eine solidere Bewertungsgrundlage. Ein niedriges KGV kann ein Warnsignal für eine Strukturkrise sein, deren Bewältigung Jahre dauern kann oder auch scheitern kann (FAZ, 03.12.2024).
Wie Finanzielle.de am 19.08.2024 berichtete, sollten Anleger bei Aktien unter 5 Euro besonders vorsichtig sein und eine gründliche Analyse durchführen. Nachrichtenlage und Dividendenpolitik des Unternehmens sollten ebenfalls geprüft werden. Die Sparkasse warnt in ihrem Ratgeber vor den Risiken von Pennystocks (Aktien unter einem Euro), die häufig mit Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten verbunden sind und im Open Market gehandelt werden, wo weniger strenge Regulierungen gelten.
Lars Erichsen von der Böhms-Dax-Strategie rät Anlegern dringend vom Nachkaufen von Verlustpositionen ab, um den Einstandskurs zu senken. Er zitiert die Börsenweisheit "Verlierer setzen auf Verlierer" und betont, dass Nachkäufe im Verlust oft zu weiteren Verlusten führen. Stattdessen sollten Anleger einen Plan mit festen Verkaufsregeln haben und diesen diszipliniert befolgen.
Aktienwelt360 diskutiert die Strategie, Aktien nur während eines Crashs zu kaufen. Obwohl dies theoretisch attraktiv klingt, da man günstig einkaufen kann, birgt der Ansatz auch Nachteile. Man handelt nur selten und verpasst möglicherweise Chancen, die sich in anderen Marktphasen bieten. Außerdem erfordert die Strategie, in kurzer Zeit große Summen zu investieren, was für viele Anleger schwierig sein könnte.
Quellen: - FAZ (03.12.2024): Wann billige Aktien keine gute Idee sind - Finanzielle.de: Aktien unter 5 Euro kaufen: Lohnt sich das? - FAZ: Timing ist alles – auch beim Vermögensaufbau - Sparkasse.de: Pennystocks: 6 wichtige Fakten zu Aktien unter einem Euro - Böhms-Dax-Strategie: Niemals nachkaufen! - Aktienwelt360: Ist es eine gute Idee, nur im Crash Aktien zu kaufen?