Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen ist in Deutschland im Jahr 2023 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Wie die Zeit (Zeit Online, 20.11.2024) unter Berufung auf die dpa berichtet, verzeichnete Niedersachsen einen Anstieg akuter Fälle um 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) registrierte 2.133 Fälle, in denen Anzeichen für Vernachlässigung (1.263 Fälle), psychische (805 Fälle) oder körperliche Misshandlung (783 Fälle) vorlagen. Dabei waren Mehrfachnennungen durch die Jugendämter möglich.
Auch die Zahl latenter Kindeswohlgefährdungen, bei denen eine potenzielle, aber noch nicht akute Gefährdung vorliegt, stieg in Niedersachsen um 6,3 Prozent auf 2.128 Fälle an. In 1.300 dieser Fälle gab es Anzeichen von Vernachlässigung, in 669 Verfahren wurde psychische Misshandlung festgestellt. Zusätzlich identifizierte das LSN einen Hilfe- oder Unterstützungsbedarf in 6.411 Verfahren, ein Anstieg um 3,8 Prozent.
Bundesweit verzeichneten die Jugendämter mindestens 63.700 Fälle von Kindeswohlgefährdung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet (Destatis, 06.09.2024). Dies entspricht einem Anstieg von mindestens zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Da einige Jugendämter keine Daten übermitteln konnten, dürfte die tatsächliche Zahl jedoch deutlich höher liegen. Destatis schätzt, dass die Gesamtzahl bei bis zu 67.300 Fällen liegen könnte, was einem Anstieg von bis zu acht Prozent entsprechen würde. Als Gründe für die fehlenden Meldungen wurden neben Fehlern bei der Datenerfassung und einem Cyberangriff auf einen IT-Dienstleister auch die Überlastung der Jugendämter genannt.
Die Tagesschau (Tagesschau, 06.09.2024) berichtet, dass die betroffenen Kinder im Durchschnitt 8,2 Jahre alt waren. Jungen waren bis zum Alter von zwölf Jahren häufiger betroffen, danach Mädchen. Die meisten Kinder lebten bei alleinerziehenden (39 Prozent) oder beiden Elternteilen (38 Prozent). In 31 Prozent der Fälle hatten ein oder beide Elternteile einen Migrationshintergrund.
Vernachlässigung war mit 58 Prozent die häufigste Form der Kindeswohlgefährdung, gefolgt von psychischer Misshandlung (36 Prozent), körperlicher Misshandlung (27 Prozent) und sexueller Gewalt (6 Prozent). In fast jedem vierten Fall (23 Prozent) erlebten die Kinder mehrere Formen der Gefährdung gleichzeitig. In 73 Prozent der Fälle ging die Gefährdung von den Eltern aus.
Die meisten Hinweise auf Kindeswohlgefährdung erhielten die Jugendämter von Polizei und Justiz (31 Prozent), gefolgt von Hinweisen aus der Bevölkerung (22 Prozent), der Kinder- und Jugendhilfe (13 Prozent) und Schulen (12 Prozent). Die zuverlässigsten Hinweise kamen jedoch von den Kindern selbst, wobei die Bestätigungsquote bei Selbstmeldungen bei 60 Prozent lag (ZDF, 06.09.2024).
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