Man kann es sich kaum mehr vorstellen, wie selten vor 250 Jahren Kinder porträtiert wurden. Heutzutage werden sie bei jeder Gelegenheit fotografiert – doch im 17. Jahrhundert waren sie es, salopp gesagt, nicht Wert, überhaupt ins Bild gebannt zu werden. Zu aufwendig und kostspielig war die Herstellung eines gemalten Porträts, so dass Kinder in der Kunstgeschichte kaum vorkamen. Die neue Ausstellung „Kindsköpfe“ in der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau widmet sich nun genau diesem Thema und zeigt Kinderporträts vom Barock bis zur Romantik, von Malern wie Johann Friedrich August Tischbein, Anthonis van Dyck oder Philipp Otto Runge, die belegen, wie sehr sich der Blick auf die Kindheit in dieser Zeit gewandelt hat.
Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet, will die Ausstellung in der ehemaligen Orangerie des Schloss Georgiums die sich wandelnde Funktion des Kinderbildnisses vom 17. bis ins 19. Jahrhundert aufzeigen.
Zu Beginn der Ausstellung werden die Besucher mit Porträts konfrontiert, die die repräsentative Funktion der Kinderbildnisse verdeutlichen. Schon Drei- bis Vierjährige wurden in lange, elegante Gewänder gehüllt, um den Fortbestand der Dynastie zu repräsentieren. Anhand der Kleidung ließ sich auch das Alter oder Geschlecht, in einigen Fällen sogar die spätere Rolle im Leben der Dargestellten ablesen. So etwa beim Porträt des Prinzen Wilhelm II. von Oranien-Nassau, das Anthonis van Dyck um 1631/1632 anfertigte. Von dem orangefarbenen Gewand über die hintergründige Säule als Symbol für Stärke bis zur Tapisserie mit Wappen des Hauses Oranien-Nassau deutet hier alles auf seine Nachfolge als Statthalter der Niederlande hin.
Oftmals wurden die Kinder auch mit Haustieren abgebildet. Doch während ein Kind, das mit seinem Haustier posiert, heute wohl nicht mehr als die Freude über früh erlernte Verantwortung und einen liebevollen Umgang mit kleinen Lebewesen auslöst, verbarg sich hinter diesen Darstellungen im 17. und 18. Jahrhundert eine tiefere Symbolik. So soll die Art, wie der junge Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau auf einem Porträt (um 1681–1685) einen Parforcehund an der kurzen Leine packt, bereits seine zukünftige Jagdleidenschaft visualisieren und darüber hinaus seine militärische Kompetenz, die für die spätere Landesherrschaft unabdingbar war.
Mit der Gründung reformpädagogischer Schulen Ende des 18. Jahrhunderts lockerten sich schließlich auch die Bildkonventionen, und so wichen herrschaftliche Bildnisse des Nachwuchses spontanen, ungezwungenen Szenen. Nicht der Status des Kindes, sondern die pure kindliche Freude und Natürlichkeit sollte vermittelt werden. So zum Beispiel in Johann Friedrich August Tischbeins Porträt der kleinen Amalia Augusta von Anhalt-Dessau an einem Weihnachtsbaum (1797).
Auch die Mütter rückten nun vermehrt mit in den Vordergrund der Darstellung, wie etwa in Tischbeins Gemälde von Anne Pauline Dufour-Feronce mit ihrem Sohn Jean Marc Albert aus dem Jahr 1802. Das Bild verdeutlicht den Einfluss einer idealisierenden Romantik, unter dem die Verbildlichung einer innigen Mutter-Kind-Beziehung stand.
Die Ausstellung „Kindsköpfe – Kinderporträts vom Barock bis zur Romantik“ ist noch bis zum 1. Dezember 2024 in der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau im Schloss Georgium zu sehen. Gezeigt werden Kinderporträts vom Barock bis zur Romantik, die belegen, wie sehr sich der Blick auf die Kindheit in dieser Zeit gewandelt hat.
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Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer)
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