19.10.2024
Klimaschützerin als mögliche Premierministerin in Frankreich

Klimaschützerin könnte französische Premierministerin werden

Präsident Macron hat den Rücktritt der französischen Regierung am Dienstagabend angenommen. Das linke Bündnis kann sich auf keinen Premierministerkandidaten einigen – bislang.

Für einen Abschied auf Raten von seiner Regierung hat sich der französische Präsident Emmanuel Macron entschieden. Nach der letzten Regierungskabinettssitzung am Dienstagmittag ließ der Präsident mitteilen, er werde bis zum Abend das Rücktrittsgesuch des Premierministers und seiner Regierung annehmen. Kurz nach 18 Uhr folgte er seiner Ankündigung. Innenminister Gérald Darmanin entledigte sich schon beim Rausgehen aus dem Élysée-Palast symbolisch seiner Krawatte, als sei er erleichtert über den bevorstehenden Rücktritt.

Bis zum Ende der Olympischen Sommerspiele soll die scheidende Regierung die laufenden Geschäfte weiterführen. Der scheidende Premierminister Gabriel Attal nutzte die letzte Kabinettssitzung für einen nachdenklichen Blick auf den Wahlausgang. Er erinnerte daran, dass die Präsidentenpartei nur durch Wahlabsprachen mit der Linken gerettet wurde. „Wir hätten verschwinden können. Das Schlimmste ist verhindert worden“, sagte Attal.

Wer auf den 35 Jahre alten Regierungschef folgen soll, ist weiterhin ungeklärt. Die vier Linksparteien sind über die Auswahl eines Premierministerkandidaten zerstritten. Der linke Abgeordnete François Ruffin sprach am Dienstag von einer „Blamage“. „Unsere Führungsriege ist nicht auf der Höhe der Leute, die hoffnungsvoll ihren Stimmzettel in die Urne geworfen haben“, sagte Ruffin.

Klimaschutz und Kompromisse

Die Linkspartei LFI weigert sich, weiterhin an Verhandlungen teilzunehmen, und hat schwere Vorwürfe gegen die Sozialisten erhoben. Sie hielt den Sozialisten „politische Blockade“ vor. „Genug der Manipulationen“, sagte der Parteigründer Jean-Luc Mélenchon. Solange man sich nicht auf gemeinsame Kandidaturen für Spitzenposten im Parlament verständigt habe, werde die Linkspartei „keine Diskussionen über irgendetwas anderes“ wieder aufnehmen.

Grüne, Kommunisten und Sozialisten haben die ehemalige französische Verhandlungsführerin beim Pariser Klimaabkommen, die 73 Jahre alte Laurence Tubiana, als Regierungschefin vorgeschlagen. Für die Berufsdiplomatin spricht nach Ansicht der drei Parteien, dass sie sich seit langer Zeit für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung einsetzt und es gewohnt ist, Kompromisse zu schmieden. In der Linkspartei hält man der ausgebildeten Ökonomin jedoch vor, für Präsident Macron eine akzeptable Regierungschefin zu sein. Sie sei „Macron-kompatibel“, deshalb sei der Vorschlag „nicht seriös“, sagte LFI-Parteikoordinator Manuel Bompard.

Tubiana plädiert für Pragmatismus

Tubiana hatte in einem Meinungsbeitrag mit anderen Persönlichkeiten in „Le Monde“ daran erinnert, dass die Wähler dem Linksbündnis „keine absolute Mehrheit und damit kein Mandat zur Umsetzung ihres gesamten Programms“ gegeben hatten. Sie plädierte dafür, sich auf Prioritäten zu verständigen, für die es eine Mehrheit gebe. LFI lehnt das ab. Die grüne Parteivorsitzende Marine Tondelier forderte die Linkspartei am Dienstag auf, die Gespräche wieder aufzunehmen. Die Franzosen „wollen uns regieren und nicht uns zerreißen sehen“, sagte sie. Wenn die Linksparteien sich nicht schneller besserten, „werden sie es uns niemals verzeihen“, so Tondelier.

Auch im Präsidentenlager herrscht Unfrieden. Das Vertrauen Attals in Präsident Macron sei am Nullpunkt, heißt es aus Attals Umkreis. Der 35-Jährige hat sich am Samstag zum neuen Fraktionsvorsitzenden der Präsidentenpartei Renaissance wählen lassen. Er plädierte für einen kompletten Neuanfang.

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