Der Bundesrat steht vor einer wegweisenden Entscheidung: Die Krankenhausreform, das sogenannte „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“, steht zur Abstimmung. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnet sie als „Revolution“ im Gesundheitswesen. Wie die Zeit berichtet, soll die Reform eine grundlegende Neuordnung der Kliniken bringen (Quelle). Doch was genau bedeutet das für Patienten, Krankenhäuser und die Zukunft der medizinischen Versorgung in Deutschland?
Im Kern zielt die Reform darauf ab, den Finanzdruck auf die Kliniken zu verringern und gleichzeitig die Qualität der Behandlungen zu verbessern. Durch Spezialisierung auf bestimmte Leistungsgruppen sollen Patienten von einem höheren medizinischen Standard profitieren. Wie dpa berichtet, gibt es jedoch bis zuletzt erhebliche Widerstände gegen die geplanten Maßnahmen.
Der Bundesrat hat die Möglichkeit, die Umsetzung des bereits vom Bundestag beschlossenen Gesetzes vorerst zu stoppen, indem er den Vermittlungsausschuss anruft. Dies würde den Reformprozess erheblich verzögern und seinen Ausgang angesichts der bevorstehenden Neuwahlen ungewiss machen. Lauterbach drängt auf eine schnelle Umsetzung und warnt vor den Folgen eines Scheiterns.
Experten sind sich einig: Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern eine hohe Klinikdichte. Gleichzeitig kämpfen viele Krankenhäuser mit Finanznöten und Personalmangel. Laut Gesundheitsministerium ist ein Drittel der vorhandenen Betten nicht belegt. Lauterbach sieht die Reform als notwendige Notbremse, um Klinikinsolvenzen und eine suboptimale Patientenversorgung zu verhindern. Das Ziel ist es, den tatsächlich benötigten Krankenhäusern eine solide wirtschaftliche Basis zu gewährleisten.
Das bestehende Vergütungssystem mit Fallpauschalen soll grundlegend reformiert werden. Lauterbach kritisiert den bisherigen „Hamsterrad-Effekt“, der Kliniken dazu verleitet, möglichst viele Fälle auf kostengünstige Weise abzuarbeiten. Künftig soll ein fester Sockel von 60 Prozent der Vergütung die Vorhaltung von Personal und Geräten für bestimmte Leistungen abdecken. Zusätzliche Zuschläge sind für Kliniken mit spezialisierten Abteilungen wie Kinderheilkunde, Geburtshilfe oder Intensivmedizin vorgesehen.
Die neue Fix-Vergütung wird an „Leistungsgruppen“ gekoppelt, die den Kliniken von den Ländern zugewiesen werden. Diese Gruppen definieren medizinische Leistungen präziser als die bisherigen Fachabteilungen. Einheitliche Qualitätsvorgaben für Personal und Ausstattung sollen sicherstellen, dass komplexe Behandlungen, wie beispielsweise Krebstherapien, nur in Kliniken mit entsprechender Expertise durchgeführt werden. Lauterbach betont, dass es bei den Qualitätsanforderungen keine Abstriche geben wird.
Die Länder sind für die Krankenhausplanung zuständig und werden die Leistungsgruppen den Kliniken zuweisen. Die Reform soll auch die Existenz kleinerer Krankenhäuser im ländlichen Raum sichern. Zusätzlich sollen „sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen“ entstehen, die stationäre und ambulante Leistungen kombinieren und so die wohnortnahe Versorgung verbessern.
Die Reform sieht auch finanzielle Unterstützung für die Kliniken vor. Kostensteigerungen, beispielsweise bei den Tariflöhnen, sollen künftig vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. Ein „Transformationsfonds“ mit einem Volumen von bis zu 25 Milliarden Euro soll den Strukturwandel unterstützen, sofern sich die Länder in gleicher Höhe beteiligen.
Das Gesundheitsministerium erwartet durch die Reform „Effizienzgewinne und Minderausgaben“. Die Krankenkassen befürworten die Spezialisierung, warnen aber vor steigenden Kosten. Kliniken und Länder fordern schnellere Finanzhilfen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) plädiert für Nachbesserungen im Vermittlungsausschuss. Der Verband der Universitätsklinika warnt vor den Folgen eines Scheiterns. Patientenvertreter äußern Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit der Qualitätsanforderungen. Die Reform soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten und schrittweise bis 2029 umgesetzt werden.