Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol steht nach der kurzzeitigen Verhängung und anschließenden Aufhebung des Kriegsrechts am späten Dienstagabend massiv unter Druck. Der Vorfall hat zu einem politischen Erdbeben geführt und Rücktrittsforderungen ausgelöst. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, fordert sogar der Chef von Yoons eigener Partei, Han Dong Hoon, die Suspendierung des Präsidenten. Han sieht in Yoon eine erhebliche Gefahr für das Land und die Bevölkerung, sollte er im Amt bleiben, und befürchtet weitere „extreme Maßnahmen“. Er beruft sich auf „glaubwürdige Beweise“, die Yoon mit der Anordnung der Festnahme von Politikern im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht in Verbindung bringen. Diese Politiker habe Yoon als „staatsfeindlich“ bezeichnet.
KBS World German meldet, Yoon habe dem Chef des Spionageabwehrkommandos, Yeo In-hyung, den Befehl zur Festnahme erteilt. Es sollen sogar konkrete Pläne zur Inhaftierung der Politiker in Gwacheon existiert haben. Die Oppositionspartei DP hat laut FAZ bereits einen Antrag auf Amtsenthebung gestellt und wirft Yoon „schwerwiegende Verstöße gegen die Verfassung und das Gesetz“ vor. Der Abgeordnete Kim Seung Won spricht von einem „unverzeihlichen Verbrechen“. Die Opposition benötigt für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament jedoch auch Stimmen aus Yoons eigener Partei PPP.
VOL.at berichtet, die südkoreanische Polizei habe Ermittlungen wegen Hochverrats gegen Präsident Yoon eingeleitet. Yoon hatte das Kriegsrecht aufgrund eines Haushaltsstreits zwischen der regierenden PPP und der Oppositionspartei DP verhängt, angeblich zum Schutz eines „liberalen Südkoreas vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen“. Diverse Medien betonen, dass zum ersten Mal seit über 40 Jahren in Südkorea zu diesem Mittel gegriffen wurde.
Die Tagesschau berichtet von Rücktrittsforderungen der Opposition und drohenden Streiks von Gewerkschaften. Ranghohe Berater und Sekretäre des Präsidenten sollen laut Tagesschau ihren Rücktritt angeboten haben. Das Parlament stimmte einstimmig gegen die Verhängung des Kriegsrechts. Präsident Yoon hat sich bisher nicht öffentlich geäußert.
Die Deutsche Welle (DW) berichtet ebenfalls über die Ermittlungen wegen Hochverrats gegen Yoon. Eine Oppositionspartei und 59 Aktivisten hätten Anzeige erstattet. Der Vorwurf lautet Hochverrat aufgrund der vorübergehenden Verhängung des Kriegsrechts. Für diesen Straftatbestand gilt die präsidentielle Immunität nicht. Stimmt das Parlament einem Amtsenthebungsverfahren zu, würde Yoon bis zu einem Urteil des Verfassungsgerichts suspendiert. Ein Schuldspruch würde Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen bedeuten.
Auch der stern berichtet über die Forderung von Han Dong Hoon nach Yoons Suspendierung. Hoon sieht eine große Gefahr für die Republik Korea und ihre Bürger, sollte Yoon im Amt bleiben, und befürchtet eine Wiederholung der „extremen Maßnahmen“. Laut stern hat sich Yoon seit seiner Fernsehansprache am Mittwochmorgen nicht mehr öffentlich gezeigt.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, sechs Oppositionsparteien hätten einen Antrag auf Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Yoon im Parlament eingereicht. Eine Abstimmung wird für Freitag oder Samstag erwartet. Die Opposition fordert Yoons Rücktritt. Verteidigungsminister Kim Yong-hyun und zehn ranghohe Berater des Präsidenten haben laut SZ ihren Rücktritt angeboten.
Die NZZ berichtet, Yoon habe das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufgehoben und sich damit dem Parlament gebeugt, das sich gegen das Kriegsrecht ausgesprochen hatte. Yoon hatte die Maßnahme mit dem Schutz der freien und verfassungsmäßigen Ordnung begründet.
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