24.10.2024
KroatienUrlaub zwischen Preisschock und Lebensqualität

Immerhin, ein Urlaubsgedeck – zwei Bier, zwei Eis – , das in der kroatischen Hafenstadt Split auf dem Weg zur Insel Brać bestellt wird, ist nicht teurer geworden. Eine alte Quittung bewies, dass das Ritual auch schon mehr als 20 Euro gekostet hat, als die Preise noch in Kuna ausgezeichnet waren. Doch Kroatien galt lange als verhältnismäßig güns­tiges Urlaubsland. Es scheint jedoch vorbei zu sein mit günstigen Urlauben in Kroatien, wie die FAZ berichtet.

Bis in die Vereinigten Staaten wurde diskutiert, wie stark die Preise in dem Adrialand, das stark vom Tourismus lebt, in die Höhe geschossen sind. Kroatische Zeitungen berichteten viel von überteuerten Eiskugeln und unverhältnismäßig hohen Restaurantrechnungen. Sogar über ein Tiktok-Video, in dem sich ein junger Kroate darüber wundert, dass er die Lieblingslebensmittel aus seiner Heimat im Expat-Shop in New York günstiger kaufen kann als im eigenen Land, wurde berichtet.

Schockmomente erleben auch deutsche Touristen. Ein Stück Butter für unter vier Euro ist in den Supermarktregalen nicht zu finden. Im Gemüsegeschäft kostet das Kilogramm Tomaten mitten in der Saison vier Euro – und damit doppelt so viel wie im Vorjahr. Ein prächtiger Basilikum im Topf sollte 15 Euro kosten. Viel zu teuer, beides – das bestätigte auf Nachfrage sogar der Verkäufer.

Diese Schwäche auszunutzen, davor hatte der kroatische Tourismusminister im vergangenen Jahr gewarnt. 2023 war der Euro eingeführt worden, und die Tatsache, dass die Preislisten neu geschrieben werden mussten, nutzten Vermieter von Ferienwohnungen und Hoteliers für teilweise kräftige Preiserhöhungen. Zu kräftig, wie sich herausstellte, spontan Reisende, de­nen recht gleichgültig ist, in welchem Land sie am Mittelmeerstrand liegen, reisten gar nicht an, etliche der überteuerten Appartements blieben in der zweiten Saisonhälfte leer.

Ähnlich ging es nun im zweiten Sommer mit dem Euro, wobei es diesmal besonders die Preise für Gastronomie und Lebensmittel waren, die auf die Urlaubslaune schlugen. Nichtsdestotrotz, nach Abschluss der Hauptsaison Ende August meldete das kroatische Tourismusministerium ein Plus von vier Prozent an ausländischen Gästen, 2,1 Prozent mehr Passagiere auf den Fähren zu den Urlaubsinseln und gar einen Anstieg von 21 Prozent an Besuchern, die per Flugzeug kamen.

Ein starker Dollar treibt die Preise

Darunter dürften viele amerikanische Touristen gewesen sein, die Kroatien gern während einer Europareise ansteuern, nicht wenige, weil hier die Wurzeln ihrer Vorfahren liegen. Diese Gäste haben auch einen preistreibenden Effekt, denn sie haben einen gegenüber dem Euro starken Dollar in der Tasche. Auch von Amerikanern, die gar nicht glauben können, für wie wenig Geld sie ein Appartement mit Meerblick bekommen haben, sind in den sozialen Netzwerken reichlich Videos zu finden.

Als europäischer Gast, als deutscher zumal, muss man es mit dem Klagen nicht übertreiben. Der Kaffee im Café und das Bier in der Bar sind immer noch weit günstiger als daheim, die Preise für Brot und Gebäck ebenso, und ganz zur Not hilft Lidl, in Kroatien stark vertreten.

Die Frage, die sich viele stellen, ist, wie die Kroaten selbst mit den Preiserhöhungen zurechtkommen. Die Durchschnittseinkommen sind zuletzt zwar stark gestiegen und liegen bei rund 1500 Euro im Monat. Daraus ergibt sich trotzdem nur ein Jahreseinkommen, das nicht einmal die Hälfte des deutschen Durchschnittswertes ausmacht. In der Eurozone gehört Kroatien zu den Ländern mit der höchsten Inflationsrate, zuletzt hatte sie sich auf drei Prozent abgeschwächt.

Natürlich haben die Einheimischen ei­nen Vorteil: Sie kennen sich aus und wissen, wo sie günstig einkaufen können. So kosten Tomaten auf dem Markt auf der Inselhauptstadt vernünftige 2 bis 2,50 Euro. Für 20 Euro gibt es so viel Obst und Gemüse, dass der Vorrat einige Tage reicht. Und 5 Euro für die üppige Basilikumpflanze erscheinen hier fair.

Auf dem Gemüsemarkt neben der Altstadt von Split, geben viele Touristen gerne ihr Geld aus. Acht Euro für ein Kilogramm Pfirsiche sind da keine Seltenheit. Aber dieser Markt ist auch längst kein klassischer kroatischer Lebensmittelmarkt mehr. Dieser Markt ist ein folkloristischer Open-Air-Kiosk und Souvenirladen.

Schönes Wasser, saubere Campingplätze, aber die Preise! Niemand, der von seinem Kroatienurlaub berichtet, vergaß darüber zu klagen. Einige wollen deshalb nicht wiederkommen. Das, so gemein es klingt, wäre gar keine schlechte Nachricht. Und das nicht, weil man sich die Altstadt von Split und auch andere Orte wieder etwas leerer wünschte. Aber der Boom der letzten Jahre treibt das Land mit seiner 1700 Kilometer langen Küste und den 3,8 Millionen Einwohnern an seine Grenzen.

Auch Kroaten arbeiten lieber in der Bank

Denn während die Zahl der Gäste von Jahr zu Jahr steigt, fehlen zunehmend Menschen, die sie bewirten, die In­frastruktur aufrechterhalten und all die gewünschten Dienstleistungen erbringen können. Mit den Saisonkräften, zu denen traditionell auch Tausende Männer und Frauen aus Bosnien gehören, ist die Arbeit nicht zu schaffen. In der Hotelanlage in unserer Nachbarschaft putzten in diesem Sommer Männer aus Bangladesch die Zimmer. Nach der Saison sollten sie noch bei der Olivenernte helfen, bevor sie zurück zu ihren Familien fliegen. Auf den Baustellen in Zagreb helfen Männer aus Nepal, auf unserer Insel gibt es keinen einzigen Schreinerbetrieb mehr.

Fachkräftemangel quält die Kroaten mindestens so sehr wie die Deutschen. Beide Gesellschaften altern, aber in der kroatischen fehlen große Teile der jüngeren Generationen: Über Jahrzehnte haben junge Menschen ihre Heimat verlassen, um als Bauarbeiter, Gastwirte oder Akademiker etwa in Deutschland ihr Glück zu versuchen. Seit ein paar Jahren sind die beruflichen Aussichten und die Gehälter attraktiv genug, um zu bleiben. Aber auch Kroaten arbeiten lieber in der Bank, der IT oder beim Staat statt als Bauarbeiter, Kellner oder Zimmermädchen – und sie verlangen für egal welchen Job einen angemessenen Lohn.

Sofern dann auch die Leistung stimmt, hält Kroatiens Tourismusminister Tonči Glavina das für genau richtig. Das Land könne nicht zu teuer sein, sonst hätte es ja nicht derart hohe Touristenzahlen, sagte er in einem Interview. Er machte aber auch klar, dass er es für wenig sinnvoll hielte, wenn die Touristenzahlen noch wei­ter steigen: Es gehe nun darum, den Sektor zu managen, um mit dem Tourismus weiter gutes Geld zu verdienen, ohne dass darunter die Lebensqualität der Einheimischen leidet.

Quellen:

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