Christian Wück, der neue Bundestrainer der deutschen Fußballerinnen, steht vor seinem Debüt im Klassiker gegen Europameister England vor großen Herausforderungen. Neben dem Rücktritt von Top-Stürmerin Alexandra Popp und dem verletzungsbedingten Ausfall von Lea Schüller bereiten ihm vor allem die Lücken in der Defensive Sorgen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, muss der Coach beim Aufbruch in die neue Ära einige Umwege in Kauf nehmen, um Stolperfallen zu vermeiden.
„Es wird in den beiden Spielen nicht alles funktionieren, was vollkommen in Ordnung ist“, räumt Innenverteidigerin Sara Doorsoun vor den Spielen gegen England im Londoner Wembley-Stadion und drei Tage später in Duisburg gegen Australien ein. Die Zeit für die Entwicklung einer neuen Identität und Spielphilosophie sei knapp bemessen.
Besonders die Defensive bereitet Wück Kopfzerbrechen. „Abwehr ist unser größtes Problem“, gab er bereits beim Trainingsauftakt zu. Neben dem Rücktritt von Abwehrchefin Marina Hegering und der verletzungsbedingten Pause von Kathrin Hendrich fehlt auch Bibiane Schulze Solano aufgrund eines Kreuzbandrisses noch längerfristig.
Im Spiel gegen Englands starke Offensive, bei der allerdings Chelseas Topspielerin Lauren James verletzt fehlt, könnten die Frankfurterinnen Doorsoun und Sophia Kleinherne die Innenverteidigung bilden. Kleinherne, die unter Wücks Vorgänger Horst Hrubesch nicht für Olympia berücksichtigt wurde, will dabei keine Notlösung sein: „Ich möchte einfach hier sein, weil ich es mir verdient habe - und nicht weil eine Spielerin verletzt ist oder zurückgetreten ist oder ein bisschen geschont wird“, wird die 24-Jährige zitiert.
Bereits 2019 feierte Kleinherne beim 2:1-Testspielsieg in Wembley ihr Länderspiel-Debüt. Ein gutes Omen für das anstehende Spiel? „Das sind natürlich Geschichten, die im Fußball geschrieben werden“, so Kleinherne. Neben ihr stehen Wück mit Wolfsburgs Janina Minge, die normalerweise im Mittelfeld spielt, und Newcomerin Lisanne Gräwe (23/Frankfurt) weitere Optionen für die Defensive zur Verfügung.
Doch nicht nur in der Verteidigung, auch in der Offensive muss Wück umbauen. Neben Schüller, die wegen Knieproblemen abreisen musste, fällt auch Frankfurts Torjägerin Laura Freigang erkältet aus. Die Lücken könnten Rückkehrerinnen wie Hoffenheims Selina Cerci (24) oder Neulinge wie Giovanna Hoffmann (26/Leipzig) füllen. „Alle sind heiß darauf, sich zu zeigen“, kündigt Cerci an. Schüller wird laut dpa auch beim Spiel gegen Australien nicht zur Verfügung stehen.
Das Spiel in Duisburg wird für Popp, Hegering und Torhüterin Frohms zum Abschiedsspiel. „Herausragende Persönlichkeiten“, würdigte DFB-Sportdirektorin Nia Künzer das Trio. Mit Mittelfeld-Star Lena Oberdorf, die aufgrund einer Knieverletzung mindestens bis ins Frühjahr hinein ausfällt, fehlt Wück eine weitere wichtige Stütze.
Die Suche nach neuen Führungspersönlichkeiten läuft auf Hochtouren. Insbesondere Giulia Gwinn vom FC Bayern wird als potenzielle neue Kapitänin gehandelt. Die 25-Jährige ist eine der populärsten Spielerinnen im DFB-Team, gilt als sprachgewandt und übernimmt bereits Verantwortung bei Elfmetern. Gegen England wird Gwinn die Mannschaft als Kapitänin aufs Feld führen. Ob sie die Binde auch dauerhaft tragen wird, ließ Wück noch offen. Eine Entscheidung in der Kapitänsfrage soll erst nach den Nations-League-Spielen Anfang nächsten Jahres fallen.
Quelle: dpa
Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.zeit.de/news/2024-10/24/london-calling-start-mit-stolperfallen-in-wueck-aera