24.10.2024
Lindners Vorschlag: Neuer Rechtsstatus für Geflüchtete aus der Ukraine

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat einen Reformvorschlag für den Rechtsstatus von Geflüchteten aus der Ukraine vorgebracht. Dieser sieht vor, dass diese zwar weiterhin kein Asylverfahren durchlaufen müssten, jedoch keinen automatischen Anspruch auf Bürgergeld mehr hätten. Ziel sei es, die Kosten für den Staat zu senken und gleichzeitig mehr Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wie Lindner in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ sagte. „Ukrainer müssen wegen des Krieges in ihrer Heimat nicht eigens ein Asylbewerberverfahren durchlaufen“, so der FDP-Politiker. „Sie sollten aber auf der anderen Seite nicht gleich ein Bürgergeld erhalten, das auf ein sozioökonomisches Existenzminimum mit gesellschaftlicher Teilhabe auch ohne Arbeit ausgerichtet ist.“ Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet, plant Lindner einen neuen Rechtsstatus, der „aus den Leistungen für Asylbewerber in Verbindung mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten des Bürgergeldes“ besteht.

Aktuelle Situation der ukrainischen Geflüchteten

Seit Juni 2022 haben Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, Anspruch auf Bürgergeld. Damit erhalten sie höhere finanzielle Unterstützung als andere Geflüchtete, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unterstützt werden. Die Höhe des Bürgergeldes für ukrainische Staatsbürger ist abhängig von der familiären Situation und dem Alter. So erhält ein alleinstehender Erwachsener monatlich 563 Euro, während ein Paar jeweils 506 Euro pro Person erhält. Für Kinder, die im Haushalt der Eltern leben, gibt es je nach Alter unterschiedliche Beträge, die bei 451 Euro pro Monat für volljährige Kinder liegen. Zusätzlich zu den monatlichen Zahlungen übernimmt der Staat die Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser, sofern diese als angemessen gelten.

Im Gegensatz dazu erhalten Asylbewerber, die nicht aus der Ukraine stammen und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unterstützt werden, niedrigere Beträge. Ein alleinstehender Asylbewerber erhält 460 Euro im Monat. Paare erhalten weniger Geld, da der Staat davon ausgeht, dass sie durch das gemeinsame Wirtschaften geringere Kosten haben. Die Leistungen für Kinder variieren je nach Alter und liegen zwischen 312 und 408 Euro pro Monat.

Die Entscheidung, ukrainischen Kriegsflüchtlingen in Deutschland das Bürgergeld zu gewähren, wurde seinerzeit aus politischen Gründen getroffen.

Anzahl der Bürgergeld-Empfänger aus der Ukraine

Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete im Juni 2024 rund 717.000 ukrainische Geflüchtete, die in Deutschland Bürgergeld bezogen. Von diesen waren etwa 505.000 Personen erwerbsfähig, während 212.000 als nicht erwerbsfähig galten. Bei den nicht erwerbsfähigen Personen handelt es sich hauptsächlich um Kinder. Insgesamt leben in Deutschland etwa 1,3 Millionen Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit, die seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Jahr 2022 geflüchtet sind.

Laut einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zur Arbeitsmarktintegration ukrainischer Flüchtlinge waren im Juli 2024 etwa 266.000 ukrainische Geflüchtete erwerbstätig. Davon waren rund 213.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und 53.000 in Minijobs tätig. Die Beschäftigungsquote lag im ersten Quartal 2024 bei knapp 27 Prozent, was Deutschland im europäischen Vergleich im Mittelfeld positioniert.

Vergleich der Sozialleistungen innerhalb der EU

Die Bedingungen für Geflüchtete aus der Ukraine sind innerhalb der Europäischen Union sehr unterschiedlich, was einen direkten Vergleich der Leistungen schwierig macht. Eine Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags, die der FAZ vorliegt, hat die Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge in verschiedenen europäischen Ländern verglichen.

In Frankreich haben ukrainische Staatsbürger, die einen Asylantrag gestellt haben, Anspruch auf die gleichen Leistungen wie andere Asylbewerber. Sie erhalten monatlich 607,75 Euro sowie zusätzliche Zuschläge von 7,40 Euro pro Tag für weitere Familienmitglieder. Der Staat stellt Unterkünfte in Aufnahmezentren für die ersten drei Monate zur Verfügung.

Italien gewährt ukrainischen Geflüchteten eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bis Ende 2024, die in eine Arbeitserlaubnis umgewandelt werden kann, nachdem ein Beitrag zwischen 80 und 200 Euro entrichtet wurde. Privat untergebrachte Personen erhalten für drei Monate 300 Euro, während Kinder 150 Euro monatlich bekommen. Flüchtlinge, die in staatlichen Unterkünften leben, erhalten keine finanzielle Unterstützung.

In Norwegen werden ukrainische Geflüchtete während des Asylantragsverfahrens in Aufnahmezentren untergebracht und erhalten eine finanzielle Unterstützung von etwa 60 Euro pro Monat sowie eine Grundausstattung mit Hygieneartikeln und Bettwäsche. Nach Absolvierung eines Einführungsprogramms und Aufnahme einer Vollzeitarbeit können sie bis zu 20.000 Euro Einführungshilfe pro Jahr beantragen, die auch zur Deckung von Wohnkosten verwendet werden kann.

Kritik an Lindners Vorstoß

Der Vorstoß von Lindner, ukrainischen Geflüchteten den Zugang zum Bürgergeld zu erschweren, stößt auf Kritik. Befürworter des Bürgergeldes argumentieren, dass es wichtig sei, Geflüchtete in die Lage zu versetzen, sich schnell in Deutschland zu integrieren. Dazu gehöre auch die finanzielle Absicherung. Kritiker hingegen bemängeln, dass das Bürgergeld für Ukrainer im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr hoch sei und Anreize zur Arbeitsaufnahme senke.

Die Debatte um die finanzielle Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine wird in Deutschland voraussichtlich weitergehen. Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form Lindners Reformvorschlag umgesetzt wird.

Quellen:

- Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/debatte-ums-buergergeld-welche-leistungen-gefluechteten-ukrainern-zustehen-110065952.html - Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/hintergruende-zur-debatte-ueber-buergergeld-fuer-kriegsfluechtlinge-aus-der-ukraine-100.html - DIW Berlin: https://www.diw.de/de/diw_01.c.905602.de/nachrichten/wem_nuetzt_der_populismus_gegen_das_buergergeld_fuer_ukrainer.html - Merkur.de: https://www.merkur.de/wirtschaft/update-ukraine-gefluechtete-ampel-streit-auszahlung-wirtschaft-kommunen-deutschland-buergergeld-lindner-zr-92984962.html - Neue Zürcher Zeitung: https://www.nzz.ch/der-andere-blick/das-buergergeld-fuer-ukrainer-setzt-falsche-anreize-ld.1836476 - Bayerischer Rundfunk: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/spd-mann-woidke-stellt-buergergeld-fuer-ukrainer-infrage,UM3UCMI - Heilbronner Stimme: https://www.stimme.de/politik/baden-wuerttemberg/buergergeld-ukraine-fluechtliche-union-politik-geld-grundsicherung-sozial-leistung-arbeit-regeln-deutschland-art-4934063
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