October 7, 2024
Zukunft des Jahnstadions: Erhalt oder Neubau für Inklusion?

Abriss des Jahnstadions in Berlin: Inklusion oder Verschwendung?

Das Jahnstadion in Berlin, ein Stück DDR-Geschichte, steht vor dem Abriss. Geplant ist ein 200 Millionen Euro teures Vorzeigeprojekt: ein inklusiver Sportpark. Doch der Widerstand gegen den Abriss des altehrwürdigen Stadions ist groß. Befürworter und Gegner liefern sich einen erbitterten Streit um Kosten, Nutzen und den richtigen Umgang mit der Geschichte.

Ein Symbol der DDR vor dem Fall?

Das Jahnstadion, eingebettet in einen Erdwall, wirkt an diesem Oktobertag wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Die markanten Flutlichtmasten ragen in den grauen Himmel, die Haupttribüne mit ihrer kantigen Eleganz aus Aluminium und rotem Opakglas scheint bereits dem Verfall preisgegeben. Doch der Schein trügt, denn schon in dieser Woche soll der Abriss beginnen – nach über zehn Jahren des Planens, Diskutierens und Streitens.

Dass der „Rückbau“ in der Kalenderwoche 41 beginnen soll, wie der Senat bestätigte, ist für viele ein symbolträchtiger Akt. Denn der 7. Oktober ist der Gründungstag der DDR. So fügt sich das Jahnstadion mit seiner Geschichte, zu der auch die DDR-Meisterschaften des BFC Dynamo gehören, nahtlos in die Geschichte des geteilten Deutschlands ein.

200 Millionen Euro für einen Neubau – ist das gerechtfertigt?

„Es wäre symbolisch, wenn es an diesem Tag losginge“, sagt Philipp Dittrich, Architekt und Mitglied der Bürgerinitiative, die für den Erhalt des Stadions kämpft. Die Initiative reichte eine Petition mit über 14.000 Unterschriften beim Finanzsenator ein. Ihr Hauptargument: die Kosten. Angesichts der angespannten Haushaltslage Berlins, die in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro einsparen muss, seien 200 Millionen Euro für einen Neubau „einigermaßen absurd“, so Dittrich. Fast doppelt so viel wie ursprünglich geplant.

Die Bürgerinitiative kritisiert, dass Berlin von Anfang an auf einen Neubau gesetzt habe, obwohl das geplante Projekt, ein inklusiver Sportpark, auch mit weniger Aufwand und Eingriff in die bauliche Substanz möglich gewesen wäre.

Ein Leuchtturm für Inklusion oder ein Prestigeprojekt?

Doch es geht um mehr als nur ein neues Stadion. Geplant ist ein „Jahnsportpark für alle“, ein inklusiver Sportpark, der in dieser Form einzigartig in Deutschland wäre. Ein Projekt, das auch auf breite Unterstützung stößt.

„Das Projekt könnte so etwas wie ein Leuchtturm sein“, sagt Jörg Zwirn, Geschäftsführer des Vereins Pfeffersport. Der Bedarf an Sportstätten sei riesig, gerade in diesem Teil der Stadt. Doch Zwirn sorgt sich, dass der Streit am Ende zu einem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ führt und die Ressourcen nicht für das reichen, was nach dem Stadion kommen soll: ein vielfältiges und inklusives Sportangebot.

Der Streit geht weiter

Der Berliner Sport steht hinter dem Projekt, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Landessportbund, Fußballverband, Leichtathletikverband, die Vereine – sie alle unterstützen den Neubau. Für den 11. Oktober ist eine Demonstration unter dem Motto „Ohne Stadion kein Inklusionssportpark“ geplant. Die Bürgerinitiative hingegen kündigte an, sich einem Eilantrag der „NaturFreunde Berlin“ auf sofortigen Baustopp anzuschließen.

Der Streit um das Jahnstadion ist letztlich auch ein Streit um den Umgang mit der Geschichte und die Frage, wie viel Inklusion sich die Stadt Berlin leisten kann und will.

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