München (dpa/lby) - Ein neues Rechtsgutachten stellt die Aussagen der bayerischen Staatsregierung in Frage, dass ein Verbot von Gasbohrungen im Freistaat rechtlich nicht möglich sei. Das Gutachten, das von Greenpeace und dem Bund Naturschutz in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Schluss, dass "ein flächendeckendes Verbot von Gasbohrungen bzw. der Gasförderung für das gesamte Landesgebiet Bayerns aus Gründen des Klimaschutzes aus rechtlicher Sicht zulässig" wäre. Die Anwaltskanzlei Baumann Rechtsanwälte aus Würzburg, die das Gutachten erstellt hat, argumentiert, dass ein solches Verbot im Landesentwicklungsprogramm verankert werden könnte, um seine Wirksamkeit zu gewährleisten. Dies würde auch dazu beitragen, neue Investitionen in fossile Brennstoffe zu verhindern.
Der Anlass für das Gutachten ist ein seit Längerem schwelender Streit um ein geplantes Gasbohrungsprojekt in Reichling im Landkreis Landsberg am Lech. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte die Genehmigung für die Probebohrung trotz zahlreicher Proteste von Anwohnern und Umweltverbänden erteilt. Aiwanger argumentierte, dass Bayern aufgrund des Bundesbergrechts keinen Ermessensspielraum bei der Genehmigung von Gasbohrungen habe. Das neue Gutachten widerspricht dieser Darstellung und befeuert die Debatte um die Zukunft der Gasförderung in Bayern erneut.
Sowohl Greenpeace als auch der Bund Naturschutz begrüßten die Ergebnisse des Gutachtens und forderten Aiwanger auf, seine Position zu überdenken. Stefan Krug, Leiter des Greenpeace-Landesbüros Bayern, betonte, dass Aiwanger nun über einen effektiven Hebel verfüge, um neue Gasbohrungen in Bayern zu verhindern. Kasimir Buhr, Energiereferent des Bund Naturschutz, warnte vor den negativen Auswirkungen weiterer Gasbohrungen auf die Umwelt und die Lebensqualität der Anwohner, insbesondere in der Region um den Ammersee.
Die Firma Genexco, die die Gasbohrungen in Reichling durchführen will, hält trotz der anhaltenden Kritik an ihren Plänen fest. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Errichtung eines etwa 40 Meter hohen Bohrturms, der voraussichtlich im ersten Quartal 2025 in Betrieb genommen werden soll. Das Unternehmen geht davon aus, in rund 3.000 Metern Tiefe relevante Gasvorkommen zu erschließen.
Die Kontroverse um die Gasbohrungen in Bayern verdeutlicht den Konflikt zwischen der Notwendigkeit, die Energieversorgung zu sichern, und dem Ziel, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Während die bayerische Staatsregierung die Gasförderung als Brückentechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität betrachtet, fordern Umweltverbände einen konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien. Das Rechtsgutachten liefert nun neue Argumente für die Gegner der Gasförderung und erhöht den Druck auf die Politik, ihre Position in dieser Frage zu überdenken.
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