Die Wohnungsknappheit in vielen deutschen Städten steht im scheinbaren Widerspruch zu den gleichzeitig vorhandenen Leerständen. Wie die Zeit (Zeit Online, 30.10.2024) berichtet, erproben Kommunen verschiedene Strategien, um leerstehende Wohnungen wieder dem Markt zuzuführen. Doch die Frage bleibt: Kann weniger Leerstand die Wohnungsnot tatsächlich lindern?
Während in einigen Regionen Deutschlands akuter Wohnungsmangel herrscht, stehen andernorts Wohnungen leer. Das Statistische Bundesamt ermittelte im Zensus 2022 einen Leerstand von 1,9 Millionen Wohnungen (Tagesschau, 04.07.2024). Besonders betroffen sind Großstädte wie Berlin mit über 40.000 und München mit über 20.000 leerstehenden Wohneinheiten. Doch Leerstand ist nicht gleich Leerstand. Ein Teil der Wohnungen ist aufgrund von Sanierungsbedarf, geplantem Abriss oder Verkauf kurzfristig nicht verfügbar. Ein anderer Teil steht hingegen längerfristig leer, oft aus Gründen wie Spekulation auf Wertsteigerung, emotionaler Bindung der Eigentümer oder ungeklärten Erbengemeinschaften (MAZ Online, 06.09.2024).
Viele Städte und Gemeinden, insbesondere im Südwesten Deutschlands, suchen nach Wegen, den Leerstand zu reduzieren. Wie die dpa (Zeit Online, 30.10.2024) berichtet, plant Mannheim beispielsweise die Einrichtung eines Leerstandregisters und die aktive Ansprache von Eigentümern. Karlsruhe verfolgt seit 2005 das Programm "Wohnraumakquise durch Kooperation", bei dem Vereinbarungen mit Eigentümern zur Belegung leerer Wohnungen getroffen werden. Heidelberg setzt auf finanzielle Anreize durch ein neues Förderprogramm. Auch das Land Baden-Württemberg unterstützt die Wiedervermietung leerstehender Wohnungen mit Prämien.
Um gegen rechtswidrigen Leerstand vorzugehen, nutzen viele Städte Zweckentfremdungssatzungen. Diese richten sich gegen die langfristige Nichtnutzung von Wohnraum oder die Umwidmung zu Ferienwohnungen. Die Durchsetzung dieser Satzungen ist jedoch ressourcenintensiv und führt oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen (Süddeutsche Zeitung, 30.10.2024).
Experten sind sich einig, dass die Reduzierung des Leerstands zwar ein wichtiger Schritt ist, aber allein nicht ausreicht, um die Wohnungsnot zu beheben. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, insbesondere in Großstädten, ist zu hoch. Stadtforscherin Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik betont die Notwendigkeit eines Zusammenspiels von Anreizen und Druck (Süddeutsche Zeitung, 30.10.2024). Auch Reiner Braun, ein langjähriger Beobachter des Wohnungsmarktes, sieht die Problematik differenziert und prognostiziert eine sinkende Nachfrage ab 2030 (Spiegel Online, 05.07.2024). Neben der Aktivierung leerstehenden Wohnraums sind daher weitere Maßnahmen wie der Neubau von Wohnungen und die Förderung von bezahlbarem Wohnraum unerlässlich.
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