Obwohl in vielen Teilen Deutschlands Wohnraummangel herrscht, zeigt eine aktuelle Studie des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN), dass im Osten und Südosten Niedersachsens viele Wohnungen leer stehen. Wie die Zeit berichtet, ergab der Zensus 2022 zum Stichtag 15. Mai 2022 eine Gesamtzahl von 160.007 leerstehenden Wohnungen. Das entspricht einer Leerstandsquote von 4,1 Prozent und damit einem leichten Anstieg gegenüber den 3,7 Prozent im Jahr 2011.
Die Erhebung des LSN umfasste Ein- und Mehrfamilienhäuser, Wohnheime wurden explizit nicht berücksichtigt. Die regionalen Unterschiede sind erheblich: Während Gemeinden im Emsland und der Grafschaft Bentheim Leerstandsquoten von unter einem Prozent aufweisen, erreichen Braunlage und Walkenried im Harz Quoten von 17,1 bzw. 15,3 Prozent. Die Großstädte Salzgitter (7,1 Prozent) und Wilhelmshaven (6,7 Prozent) verzeichnen die höchsten Leerstände, Oldenburg hingegen nur 2,8 Prozent. Bremen zeigt mit 3,69 Prozent eine ähnliche Quote wie 2011 (3,7 Prozent).
Auch die Leerdauer variiert. Ungefähr die Hälfte der leerstehenden Wohnungen ist bereits seit mindestens einem Jahr unbewohnt, während 22 Prozent erst seit maximal drei Monaten leer stehen. 40,1 Prozent des Leerstands – entsprechend 1,6 Prozent aller Wohnungen – wären innerhalb von drei Monaten bezugsfertig. Experten schätzen jedoch, dass in einem funktionierenden Wohnungsmarkt etwa drei Prozent aller Wohnungen kurzfristig verfügbar sein sollten. Das LSN weist darauf hin, dass insbesondere die längerfristig leerstehenden Wohnungen nicht kurzfristig bewohnbar sind.
Die Gründe für den Leerstand sind vielfältig. Bei über einem Drittel der nicht kurzfristig verfügbaren Wohnungen sind Renovierungsarbeiten der Grund. Ein weiteres Drittel wird mit "sonstigen Gründen" erklärt, wobei das LSN ungeklärte Eigentumsverhältnisse oder Spekulationsobjekte vermutet. Die übrigen Wohnungen stehen zum Verkauf, sollen selbst genutzt oder abgerissen werden.
Die niedersächsische Situation verdeutlicht die komplexen Herausforderungen des deutschen Wohnungsmarktes. Während in manchen Regionen Wohnungsmangel herrscht, gibt es in anderen, vor allem im ländlichen Raum und in strukturschwachen Gebieten, erheblichen Leerstand. Wie der Demographiereport ausführt, spielen neben demographischem Wandel und Binnenmigration auch qualitative Aspekte eine Rolle. So entsprechen Größe, Schnitt und Ausstattung vieler Wohnungen nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen.
Die Ursachen für das angespannte Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt sind komplex. Wie im Wirtschaftsdienst erläutert, tragen neben knappen Bauflächen und langwierigen Baugenehmigungsverfahren auch gestiegene Baukosten und regulatorische Anforderungen dazu bei. Die Innenentwicklung der Städte durch Nachverdichtung bietet zwar Möglichkeiten, stößt jedoch häufig auf Widerstand in der Bevölkerung. Eine gute Verkehrsanbindung ist entscheidend für die Erschließung von Wohnraum im Umland.
Die Politik versucht mit verschiedenen Instrumenten, wie der Städtebauförderung, gegenzusteuern. Diese Programme unterstützen Kommunen bei der Anpassung des Wohnungsbestands und der baulichen Struktur, zum Beispiel durch den Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen oder die Förderung der Sanierung und Umnutzung leerstehender Gebäude. Erfolgreiche Praxisbeispiele zeigen, dass kreative Lösungen und lokale Initiativen einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Leerstandsproblematik leisten können.
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