Der Nahostkrieg bedroht nicht nur Menschenleben, sondern auch das einzigartige Kulturerbe der Region. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 20.11.2024 berichtete, hat die UNESCO 34 Kulturerbestätten im Libanon unter "vorläufigen erweiterten Schutz" gestellt. Dieser Schritt erfolgte nach einem Antrag der libanesischen Behörden und verleiht den Stätten die höchste "Immunitätsstufe" gemäß der Haager Konvention von 1954. Zu den geschützten Stätten gehören unter anderem die berühmten römischen Ruinen von Baalbek und die antike Küstenstadt Tyros, beides UNESCO-Welterbestätten. Auch das von Oscar Niemeyer entworfene Messegelände in Tripoli und die Zedernbäume im Qadisha-Tal stehen nun unter besonderem Schutz.
Die Notwendigkeit dieses Schutzes wird durch die aktuellen Ereignisse im Libanon deutlich. Die israelische Armee hat in der Nähe von Baalbek Ziele angegriffen, die sie der Hisbollah zuordnet. Dabei wurden auch Gebäude in unmittelbarer Nähe der römischen Tempelanlage beschädigt, wie die F.A.Z. berichtet. Auch in Tyros, nahe der israelischen Grenze, finden heftige Kämpfe statt, die die antiken Stätten gefährden. Archäologen befürchten Schäden an den Fundamenten der Ruinen durch die Druckwellen der Bombenexplosionen.
Die UNESCO hatte bereits Ende 2023 rund 40 Kulturstätten im Gazastreifen unter besonderen Schutz gestellt, wie Deutschlandfunk am 20.11.2024 berichtete. Der deutsche UNESCO-Generalsekretär Roman Luckscheiter erklärte im Deutschlandfunk Kultur am 12.11.2024, dass weltweit etwa fünfzig Kulturstätten durch den Nahostkrieg bedroht seien. Die genaue Anzahl der bereits zerstörten Stätten ist unklar.
Der Libanon beherbergt eine Vielzahl historischer Stätten von großer Bedeutung. Baalbek, auf etwa 1.000 Metern Höhe gelegen, ist für seine eindrucksvollen römischen Ruinen bekannt. Tyros, eine legendäre Mittelmeermetropole mit einer reichen Geschichte, die bis zu den Phöniziern zurückreicht, ist ebenfalls ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Wie der Spiegel am 01.11.2024 berichtete, warnte die UN-Libanonbeauftragte Jeanine Hennis-Plasschaert vor der Zerstörung dieser historischen Stätten.
Der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah gefährdet nicht nur diese bekannten Orte. Auch weniger bekannte Stätten, wie die Zitadelle von Toron in Tebnine oder der historische Souk in Nabatiyeh, sind von Zerstörung bedroht. Wie die junge Welt am 24.10.2024 berichtete, wurden bei Angriffen auf Tyros ganze Wohnblöcke zerstört und Zehntausende Zivilisten mussten fliehen. Die humanitäre Lage im Libanon verschärft sich zusehends, und die Versorgung der Fl��chtlinge stellt eine große Herausforderung dar.
Die UNESCO hofft, mit dem "erweiterten Schutz" ein Zeichen zu setzen und das kulturelle Erbe des Libanon vor weiterer Zerstörung zu bewahren. Ob dieser Schutz in der Praxis ausreichend sein wird, bleibt abzuwarten.
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/unesco-gewaehrt-kulturerbe-in-libanon-erweiterten-schutz-110123236.html (20.11.2024)
- Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/unesco-kulturgueter-unter-besonderem-schutz-102.html (20.11.2024)
- Deutschlandfunk Kultur: https://www.deutschlandfunkkultur.de/nach-un-warnung-wie-gefaehrdet-ist-das-kulturerbe-im-libanon-und-in-nahost-dlf-kultur-fd4b15cc-100.html (12.11.2024)
- junge Welt: https://www.jungewelt.de/artikel/486367.nahostkonflikt-welterbe-unter-bomben.html (24.10.2024)
- Spiegel: https://www.spiegel.de/ausland/krieg-zwischen-hisbollah-und-israel-gefaehrdet-kulturerbe-im-libanon-a-13a359e3-0529-485f-b300-66973ba87bd9 (01.11.2024)