Der bekannte Biologe und Naturfilmer Jan Haft stellt in seinem neuen Buch "Unsere Wälder" die gängige Vorstellung vom idealen Wald infrage. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) in ihrer Rezension vom 21.12.2024 berichtet, argumentiert Haft gegen die Annahme, ein artenreicher Wald müsse zwangsläufig dicht, dunkel und unberührt sein. Er spricht sich stattdessen für lichtere, von Störungen geprägte Wälder aus, die sogar in die Viehhaltung integriert werden können.
Haft beschreibt, wie Europas Wälder einst eher Savannen ähnelten, durchzogen von großen Pflanzenfressern wie Waldelefanten, Mammuts und Wisenten. Diese Tiere schufen Lichtungen und Schneisen, die wiederum Lebensraum für eine Vielzahl anderer Arten boten – Insekten, Pflanzen und Vögel. Mit dem Verschwinden dieser Tiere und dem Ende der traditionellen Waldweide, so Haft, ging einhergehend auch die Artenvielfalt zurück. Wie auf penguin.de beschrieben, veranschaulicht Haft seine Ausführungen mit zahlreichen farbigen Abbildungen und gibt Anregungen für Waldbesuche.
Als neues Ideal präsentiert der Autor den "Mittelwald", einen Waldtyp, der sich durch eine Mischung aus offenen Flächen mit einzelnen Bäumen und dichteren Waldbereichen auszeichnet. Die F.A.Z. zitiert Haft mit der Beschreibung eines solchen Mittelwaldes in Unterfranken, wo blühende Sträucher die Waldwege säumen und seltene Vogelarten wie Neuntöter und Feldschwirl beheimatet sind. Haft betrachtet die Nutzung des Mittelwaldes durch den Menschen, die er mit der „Axt im Wald“ vergleicht, nicht als Bedrohung, sondern als Chance für die Artenvielfalt. Er plädiert sogar für die Rückkehr von Rindern und Pferden in den Wald, um die natürliche Dynamik wiederherzustellen.
Besonders kritisch sieht Haft laut F.A.Z. die weit verbreiteten Buchenwälder. Die Buche verdränge andere Arten und schaffe einen monotonen Lebensraum, in dem viele Tiere nicht ausreichend Nahrung finden. Haft würde auch in Buchenwäldern Schneisen schlagen lassen, um anderen Baumarten Platz zu schaffen und Lebensraum für Großherbivoren zu bieten. Diese unkonventionelle Sichtweise, die auch ehemalige Truppenübungsplätze als ideale Lebensräume für Wisente und Wölfe hervorhebt, dürfte laut F.A.Z. für traditionelle Ökologen und Förster provokant wirken.
Wie auf shop.autorenwelt.de beschrieben, erschien "Unsere Wälder" im Oktober 2024 im Penguin Verlag. Das 256 Seiten starke Hardcover richtet sich an ein breites Publikum und möchte, wie der Titel schon sagt, die Wälder wieder stärker in das öffentliche Bewusstsein rücken. Es bleibt abzuwarten, ob Haffs Thesen in der Praxis umsetzbar sind und welche Auswirkungen sie auf die Forstwirtschaft hätten. Sicher ist jedoch, dass sein Buch eine wichtige Diskussion über die Zukunft unserer Wälder anregen wird.
Quellen: