Der Bruch der Ampel-Koalition hat hohe Wellen geschlagen. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 10.11.2024 äußerte sich Christian Lindner, ehemaliger Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzender, ausführlich zu den Gründen des Scheiterns. Er sprach von einem „fahrlässigen Umgang mit dem Grundgesetz“ sowohl zu Beginn als auch am Ende der Koalition. Lindner betonte, dass er von Bundeskanzler Olaf Scholz ultimativ aufgefordert worden sei, die Schuldenbremse aufzugeben. Diesen Schritt habe er aus Überzeugung abgelehnt und damit seinen Rücktritt als Finanzminister in Kauf genommen.
Lindner erklärte gegenüber der FAZ, dass es unterschiedliche Auffassungen zur wirtschaftlichen Lage Deutschlands und den daraus resultierenden wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen gegeben habe. Während er selbst die Notwendigkeit grundlegender Reformen sehe, würden SPD und Grüne an Umverteilung, Bürokratismus und einer seiner Ansicht nach planwirtschaftlich geprägten Klima- und Energiepolitik festhalten. Die FAZ zitiert Lindner mit den Worten: „Ich sehe unser Land in einer sich zuspitzenden wirtschaftlichen Krise, die jetzt einen Agenda-Moment erfordert.“
Auf die Frage nach alternativen Vorschlägen, die auch ohne Aussetzung der Schuldenbremse eine Lösung für die Ukraine ermöglicht hätten, bestätigte Lindner die Darstellung der Grünen, dass solche Vorschläge existierten. Er selbst habe in seinem „Wirtschaftswende-Papier“ aufgezeigt, dass eine Senkung von Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag finanzierbar sei. Wie die FAZ berichtet, seien weitere Gespräche über diese Vorschläge jedoch abgelehnt worden. Lindner bedauerte, dass die von ihm vorgeschlagene Option einer gemeinsamen, geordneten Neuwahl im Januar nicht angenommen wurde.
Zu den Vorwürfen von Robert Habeck, die FDP sei nicht bereit gewesen, Kompromisse einzugehen, erklärte Lindner in der FAZ, Habeck habe vermutlich „im Eifer des Gefechts“ gesprochen. Die FDP sei gesprächsbereit gewesen, die Positionen seien jedoch weit auseinandergelegen. Er betonte: „Die FDP ist schlicht keine linke Partei. Also tragen wir auch keine linksgrüne Politik mit.“
Lindner kritisierte in dem FAZ-Interview auch den Umgang von Bundeskanzler Scholz mit dem Grundgesetz. Er verwies auf den zu Beginn der Legislaturperiode von Scholz vorgeschlagenen Umgang mit Corona-Krediten, der vom Bundesverfassungsgericht verworfen wurde. Lindner wirft sich selbst vor, nach diesem Urteil nicht auf eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrages bestanden zu haben. Er vermutet, dass SPD und Grüne den Bedingungen der FDP im Koalitionsvertrag nur zugestimmt hätten, weil durch das Manöver von Scholz zusätzliche finanzielle Mittel für deren Projekte zur Verfügung gestanden hätten.
Auf die Frage nach einer möglichen zukünftigen Zusammenarbeit mit SPD und Grünen schloss Lindner eine Ampel-Koalition kategorisch aus – unabhängig davon, wer die jeweiligen Parteien führe.
Quellen:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: FDP-Chef Lindner spricht über Koalitionsbruch der Ampel
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Nord Stream 2 hätte wohl nie genehmigt werden dürfen
- Päivän Lehti: Diverse Artikel
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