1.11.2024
Machtkampf im BSW Wagenknecht versus Wolf

Warum sind Wagenknecht und Wolf in einer Partei?

Der anhaltende Konflikt zwischen Sahra Wagenknecht und Katja Wolf, der Bundesvorsitzenden bzw. der thüringischen Landesvorsitzenden des BSW, wirft die Frage auf, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass diese beiden Politikerinnen, die in zentralen Fragen unterschiedlicher Meinung sind, in derselben Partei gelandet sind. Wie die F.A.Z. berichtet, gehen ihre Differenzen weit über die aktuelle Frage der Regierungsbildung in Thüringen und die damit verbundene "Friedenspräambel" hinaus. Vielmehr scheinen grundlegend verschiedene politische Vorstellungen und Ziele aufeinanderzuprallen, die einen Machtkampf beinahe unausweichlich machten.

Ein Beispiel für die unterschiedlichen Positionen lieferte der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag im Juni 2024. Während Wagenknecht und die BSW-Bundestagsfraktion der Rede demonstrativ fernblieben, hätte Katja Wolf, wie in der ZDF-Dokumentation "Inside Bündnis Wagenknecht" zu sehen war, an der Rede teilgenommen. Für Wolf überwogen die Argumente, dass Selenskyj der demokratisch gewählte Präsident eines überfallenen Landes sei.

Wagenknechts Kritik an den USA und der NATO, die sie als Mitverantwortliche für den Krieg in der Ukraine sieht, teilt Wolf nicht in dieser Schärfe. Im Wahlkampf betonte Wolf gegenüber der F.A.Z., das BSW sei keine antiamerikanische oder Anti-NATO-Partei. Diese Distanzierung dürfte Wagenknecht missfallen haben.

Die "Zeit" berichtete bereits im September 2023 über die sich anbahnende Gründung einer Wagenknecht-Partei. Damals dementierte Wolf noch Gerüchte über einen Wechsel ins Wagenknecht-Lager und betonte die Notwendigkeit einer starken Linkspartei. Wie die F.A.Z. berichtet, hatte Wagenknecht Wolf zunächst auch gar nicht direkt angesprochen, sondern den Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein, einen Studienfreund Wolfs, als Spitzenkandidaten für Thüringen gewinnen wollen. Bausewein wiederum warb bei Wolf für einen Wechsel zum BSW.

Wolf zögerte lange, bevor sie sich schließlich für den Beitritt zum BSW entschied. Enttäuscht von der Linken, insbesondere in der Migrationspolitik, und überzeugt, dass die rot-rot-grüne Landesregierung unter Bodo Ramelow der AfD nicht mehr ausreichend entgegensetzen könne, signalisierte sie Wagenknecht schließlich ihre Bereitschaft. Wie der Stern berichtet, war es nicht primär die Person Wagenknecht, die Wolf zum BSW zog, sondern die Hoffnung auf eine neue politische Kraft in Thüringen.

Dass zwei Drittel der Thüringer Wähler laut einer Umfrage das BSW allein wegen Wagenknecht gewählt haben, wie die F.A.Z. schreibt, verdeutlicht das Dilemma: Wolf profitierte von Wagenknechts Popularität, ist nun aber mit deren zentralistischen Führungsstil konfrontiert. Der Konflikt um die Koalitionsverhandlungen in Thüringen, in denen Wolf ohne Wagenknechts Zustimmung Verhandlungen aufnahm, ist der vorläufige Höhepunkt dieser Auseinandersetzung.

Wagenknecht reagierte mit scharfer Kritik und versuchte, ihren Einfluss auf den Thüringer Landesverband geltend zu machen. Wie der MDR berichtet, stellte der BSW-Bundesvorstand Bedingungen für die Koalitionsverhandlungen und drohte mit einem Gang in die Opposition. Wolf hingegen schweigt und genießt die Rückendeckung der Landtagsfraktion. Wie die Zeit analysiert, droht der Konflikt die Partei zu spalten.

Der Machtkampf zwischen Wagenknecht und Wolf wirft ein Schlaglicht auf die Struktur des BSW. Wie der MDR berichtet, handelt es sich um eine kleine Partei mit strengen Mitgliedschaftskriterien und einer autoritären Führungsstruktur. Ob Wolf sich aus Wagenknechts Schatten lösen und ihre eigene politische Linie durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

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